Datenschutzbeauftragter kritisiert digitale Patientenakte
Archivmeldung vom 12.07.2019
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Freigeschaltet durch André OttDer Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, kritisiert drohende Mängel an der für 2021 geplanten digitalen Patientenakte. "Es wird zu prüfen sein, ob die Patientenakte den Erfordernissen der europäischen Datenschutz-Grundverordnung entspricht", sagte Kelber dem Nachrichtenmagazin Focus.
Nach bisherigem Planungsstand würden die Versicherten anfangs nicht entscheiden können, welche Ärzte, Therapeuten oder Apotheker auf welche Befunde oder Verordnungen zugreifen können. Beispielsweise könne eine Versicherte dann nicht verhindern, dass ihr Zahnarzt von einem Schwangerschaftsabbruch oder einer Psychotherapie erfährt. Sie könne nur entscheiden, ob bestimmte sensible Daten überhaupt gespeichert werden, berichtet das Nachrichtenmagazin weiter.
Dies könne die Akzeptanz der digitalen Patientenakte bei den Versicherten beeinträchtigen, so der Datenschutzbeauftragte.
Er gab zu bedenken, dass sich Versicherte bei einer "Friss oder stirb"-Lösung möglicherweise nicht über die Tragweite ihrer Einwilligung zur Datenspeicherung im Klaren seien. Manch einer wisse bei gendiagnostischen Befunden außerdem nicht, dass die Speicherung nicht nur seine Rechte, sondern auch die von Verwandten berühren könne, sagte Kelber dem Nachrichtenmagazin Focus. Das Bundesjustizministerium äußerte bereits Bedenken gegen die Ausgestaltung der Patientenakte.
Aktuell plant Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein Gesetz zu den Details des Vorhabens. Nach der Sommerpause will er es vorlegen. Viele Ärzte wünschen sich einen umfassenden Zugriff auf sämtliche Patientendaten. Wie zu hören sei, wolle Spahn am Prinzip des Alles-oder-nichts festhalten. Andernfalls fürchte er Verzögerungen bei der Umsetzung des Projekts, berichtet das Nachrichtenmagazin. Für die gesetzlichen Kassen ist die technische Umsetzung der Patientenakte auch ohne differenzierten Datenschutz eine Herausforderung. Erschwerend komme hinzu, dass Bitmarck, das IT-Gemeinschaftsunternehmen der Kassen, aufgrund komplexer Vergaberichtlinien erst kürzlich einen externen Partner beauftragen konnte. Sollten die Kassen die Anbindung der Patientenakte nicht rechtzeitig schaffen, drohen Vertragsstrafen. Sie betrügen beispielsweise für die AOKs nach heutigem Stand über 109 Millionen Euro im ersten Jahr, in dem die digitale Patientenakte nicht realisiert werden könne, berichtet das Nachrichtenmagazin Focus. Ab dem zweiten Jahr seien es 327 Millionen Euro.
Quelle: dts Nachrichtenagentur