Westfalenpost: Jamaika-Blase geplatzt Grüne geben Merkel einen Korb
Archivmeldung vom 23.09.2005
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Freigeschaltet durch Jens BrehlEs bleibt dabei: Jamaika ist ein karibisches Eiland und Schwarz-Gelb-Grün eine politische Kombination, die miteinander nicht mehr gemeinsam haben als Exotik. Jedes andere Ergebnis des Sondierungsgesprächs hätte eines Wunders bedurft.
Dass überhaupt Unions-Politiker, unter ihnen Grünen-Fresser wie der CSU-Landesgruppenchef Glos, einige Tage lang den Eindruck erweckt haben, sie hätten die Ökopaxe über Nacht für bündnisfähig befunden, ist nur zu erklären mit an Verzweiflung grenzender Ratlosigkeit nach dem Fiasko ihrer Kanzlerkandidatin. Es hätten sich ja nicht nur die Grünen über den Bruchpunkt hinaus verbiegen müssen, um ausgerechnet mit ihren politischen Antipoden zusammenzugehen. Auch dem konservativen Spektrum der Unions-Klientel hätte ein solches Bündnis ein Übermaß an Selbstverleugnung abverlangt. Dass Angela Merkel dafür offenbar keinen Blick hatte, ist auch ein Symptom der Desorientierung. Sie ist die Verliererin des Tages. Die Jamaika-Option wäre der einzige sichere Weg gewesen, auf dem sie ins Kanzleramt hätte gelangen können. So war es in erster Linie ihr persönliches Anliegen, den Gesprächsfaden mit den Grünen weiterzuspinnen. Und dass sie dafür eine kalte Abfuhr kassierte, eine Demütigung. Die Grünen haben ihr damit zugleich ein Druckmittel aus der Hand geschlagen, das sie im Koalitionspoker mit der SPD hätte gebrauchen können. Auf die Sozialdemokraten ist die Union jetzt angewiesen, um eine Regierung zu bilden. Das Damenopfer kalkulieren auch Merkels Getreue dabei kühl ein. Gestern ist womöglich mehr geplatzt als nur die schwarz-gelb-grüne Seifenblase.
Pressemitteilung Westfalenpost vom 23.09.2005