Politologe Holtmann: SPD muss sich wieder mit Agenda 2010 identifizieren
Archivmeldung vom 05.09.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach Ansicht des Politologen Everhard Holtmann aus Halle kann sich die Bundes-SPD nur mit einem klaren Bekenntnis zur Agenda 2010 aus ihrem derzeitigen Tief befreien.
Die Partei müsse sich im Programm zur Bundestagswahl, das am Wochenende bekannt gegeben wird, "wieder mit ihrer unter großen Schmerzen durchgesetzten Reformpolitik der Agenda 2010 identifizieren", sagte Holtmann im Gespräch mit der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung (Samstagausgabe). Solange die SPD dies nicht rückwärtsgewandt, sondern "in Richtung eines zukunftsfähigen Weiterdenkens" tue, sei dieser Kurs auch mit "linken Akzentsetzungen wie dem Mindestlohn durchaus vereinbar", so der Wissenschaftler weiter.
Damit der Sozialstaat handlungsfähig bleibe, seien weitere Reformen des Arbeitsmarkts und der sozialen Sicherungssysteme nötig, sagte Holtmann. "Die besondere sozialdemokratische Botschaft könnte hier lauten: Wir dringen darauf, dass notwendige Schritte sozialer Anpassung mit Augenmaß und Rücksichtnahme auf sozial schwache Teile der Bevölkerung umgesetzt werden", sagte Holtmann der Zeitung.
Um die Agenda 2010 in diesem Sinne weiterführen zu können wird laut Holtmann eine breite Debatte in der SPD nötig. "Schröders damaliger Beschluss, die Agenda-Politik mit den Steuerungsmitteln der Kanzlerdemokratie von oben durchzusetzen, lässt sich nicht wiederholen." Holtmann nannte die soziale Gerechtigkeit als "klassische Kernkompetenz" der SPD. "Aber es erscheint zwingend, eine zeitgerechte und zukunftstaugliche Begriffsdeutung zu finden." Unter anderem müsse es künftig weniger um Verteilungsgerechtigkeit als vielmehr um Leistungsgerechtigkeit gehen. "Erst dann wäre die SPD auch für den Wettbewerb mit Lafontaines Linkspartei besser gewappnet", sagte Holtmann.
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung