Bericht: SPD legt Gesetzentwurf zur Grundrente vor
Archivmeldung vom 22.05.2019
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.05.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDie SPD legt laut eines Medienberichts noch vor der Europawahl einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Grundrente ab 2021 vor: Hinter den Kulissen hatten Arbeits- und Finanzministerium wochenlang an inhaltlicher Ausgestaltung und Finanzierbarkeit gefeilt. Jetzt haben sich die Ministerien auf ein gemeinsames Konzept geeinigt, über welches das ARD-Hauptstadtstudio berichtet.
Demnach sollen nicht nur künftige, sondern auch aktuelle Rentner in den Genuss des Rentenzuschlags kommen. Der Entwurf verzichte komplett auf eine Bedürftigkeitsprüfung. Die neue Grundrente soll nach dem Willen der Sozialdemokraten mehrheitlich aus Steuermitteln finanziert werden, heißt es in dem Konzept. Entnahmen aus den Rücklagen der gesetzlichen Rentenversicherung, über die wochenlang spekuliert wurde, solle es nicht geben. Die Einführung der Grundrente dürfe keinesfalls zu höheren Belastungen der Beitragszahlerinnen und Zahler führen, heißt es in dem Konzept weiter.
Auch Leistungseinschränkungen an anderer Stelle dürfe es nicht geben. Zusätzlich wolle die SPD in Zeiten sinkender Steuermehreinnahmen auch den Staatshaushalt nicht über Gebühr belasten. Bei der möglichen Einführung der Rente 2021 solle der Steueranteil rund 50 Prozent betragen.
Für das Jahr 2024 seien bereits 70 Prozent geplant. Die SPD rechne dafür mit Mitteln aus der geplanten europäischen Finanztransaktionssteuer in Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr und der Rückabwicklung der sogenannten "Mövenpicksteuer", heißt es in dem gemeinsames Konzept der Ministerien, über welches das ARD-Hauptstadtstudio berichtet. Dieser 2010 von der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung durchgesetzte ermäßigte Mehrwertsteuer-Satz für Hotelübernachtungen sei eine unsoziale Subvention. Der Wegfall könnte laut SPD 700 Millionen Euro pro Jahr bringen.
Zusätzlich entstünde durch Entlastungen des Bundes im Haushalt des Bundesarbeitsministeriums und durch reformbedingte Steuermehreinnahmen ein zusätzlicher Spielraum von 600 Millionen Euro pro Jahr. Den Rest wollen Finanz- und Arbeitsministerium über Einsparungen bei den Kosten für die Krankenversicherung der Rentner finanzieren.
Das Prinzip dahinter: Durch Reformen im Rentensystem wie zum Beispiel der Mütterrente seien bereits in den vergangenen Jahren zusätzliche Mittel in die Kassen der Krankenversicherungen geflossen, heißt es weiter. Laut Arbeitsministerium stehen diesen zusätzlichen Einnahmen aber keine extra Ausgaben entgegen. Daher könne man diese Mittel künftig abschöpfen. Dafür werde der Beitragssatz für Rentner um 0,6 Prozentpunkte gesenkt. Die Einsparung für die Rentenkasse durch diese Maßnahme betrage rund 900 Millionen Euro, heißt es in dem Papier. Zum ersten Mal nenne das Arbeitsministerium in dem Papier auch eine konkrete Kostenkalkulation für die Grundrente. Die Zahlen seien leicht niedriger als bisher erwartet. Im ersten Jahr der möglichen Einführung 2021 rechne das Ministerium mit Kosten in Höhe von 3,8 Milliarden Euro. Bis 2025 steige dieser Betrag auf jährlich 4,8 Milliarden Euro. Die Grundrente werde ohne Bedürftigkeitsprüfung ermittelt, heißt es in dem Papier weiter. Drei Millionen Menschen könnten davon profitieren.
Ein sehr großer Anteil davon seien Frauen. Das Problem hoher Partnereinkommen stelle sich nicht, da die Grundrente in diesem Fall entsprechend besteuert werde, heißt es in dem Papier, über das das ARD-Hauptstadtstudio berichtet. Sie sei damit leistungsgerecht. Wer Jahrzehntelang in die Rentenversicherung eingezahlt habe, solle im Alter ordentlich abgesichert sein. Und zwar besser als derjenige, der nur kurzzeitig oder gar keine Beiträge eingezahlt habe. Es gehe um Leistungsträger dieser Gesellschaft wie zum Beispiel Lagerarbeiter, Friseure, Kassierer oder Hilfskräfte in der Gastronomie, heißt es in dem Konzept weiter. Voraussetzung seien mindestens 35 Beitragsjahre durch Arbeit, Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen und ein über das Arbeitsleben ermittelter Durchschnittsverdienst von mindestens 775 Euro im Monat.
Damit richte sich die Grundrente an Bezieher unterer und mittlerer Einkommen. Das Papier nenne als Beispiel eine Friseurin mit rund 1.500 Euro brutto Monatseinkommen. Sie käme ohne Grundrente nach 40 Beitragsjahren auf eine Rente von rund 512 Euro. Ein Betrag unterhalb der Grundsicherung. Nach dem SPD-Modell hätte sie künftig Anspruch auf eine Grundrente von rund 960 Euro. Ob die Grundrente nun kommt ist aber mehr als fraglich. CDU und CSU haben bereits angekündigt, einer Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung nicht zustimmen zu wollen. Eine Bedürftigkeitsprüfung würde den Kreis der potenziellen Empfänger laut Arbeitsministerium von drei Millionen auf nur noch rund 130.000 Personen eingrenzen. Eine solche Lösung wiederum schließt die SPD aus. SPD-Chefin Andrea Nahles hatte berei ts mehrfach angekündigt, dass sie nur einer Grundrente zustimmen wolle, die auch bei den Menschen ankäme.
Quelle: dts Nachrichtenagentur