Sigmar Gabriel will Autos klimafreundlicher machen - mit Fahrzeugtechnik und Biosprit
Archivmeldung vom 27.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat im Interview mit dem Tagesspiegel am Sonntag bestritten, dass die Bundesregierung vorhat, gegen die EU-Kommission wegen des Streits um den Emissionshandel zu klagen.
"Es gibt keine Entscheidung der
Bundesregierung für eine Klage gegen die EU-Kommission", sagte er.
Weiter sagte er: "Die Debatte über das Emissionsbudget für die
Industrie ist ja fast schon skurril." Schließlich habe die Industrie
in ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung zum Klimaschutz im Jahr
2001 selbst ein Ziel vorgegeben, das unter der Kommissionsvorgabe von
453 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr gelegen habe. "Dafür hat die
Industrie mehr als fünf Milliarden Euro Befreiung von der Öko-Steuer
kassiert", sagte Gabriel.
Gabriel hofft, dass die EU-Kommission noch während der deutschen
Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union einen Vorschlag zur
Begrenzung des Kohlendioxid-Ausstoßes bei Fahrzeugen beraten wird.
Während der EU-Umweltkommissar Stavros Dimas die Autoindustrie dazu
verpflichten will, bis 2012 nur noch Autos zu bauen, die im
Durchschnitt 120 Gramm Kohlendioxid (CO2) pro Kilometer ausstoßen,
will Industriekommissar Günter Verheugen die Autoindustrie schonen.
Gabriel denkt, dass ein Vorschlag aus der Koalitionsvereinbarung der
Bundesregierung eine Lösung für den Konflikt enthalten könnte. Dem
Tagesspiegel am Sonntag sagte Gabriel: "Wir wollen das
120-Gramm-Ziel erreichen durch eine Kombination von Fahrzeugtechnik
und einer anteiligen Anrechnung des Einsatzes von Biokraftstoffen.
Ich sage bewusst anteilige Anrechnung. Wir wollen nämlich, dass
Autoindustrie und Mineralölwirtschaft ein eigenes Interesse daran
bekommen, weg vom Öl und hin zu Biokraftstoffen zu gehen." Weiter
sagte er: "Alle Fahrzeuge müssen runter im Verbrauch, die großen wie
die kleinen. Die Biokraftstoffe sind deshalb jetzt genau die richtige
Antwort, auch, um sich unabhängiger vom Öl zu machen." Gabriel ist
bewusst, dass eine Hinwendung zu Biosprit zu neuen Konflikten führen
kann: "Weil Mais in den USA inzwischen im großen Stil zu Kraftstoffen
verarbeitet wird, ist der Preis für Maisbrot in Mexiko ist um 60
Prozent gestiegen und für die Armen unbezahlbar geworden. Wir sind
schon mitten drin in einer Konkurrenz zwischen
Nahrungsmittelerzeugung und nachwachsenden Rohstoffen. Deshalb müssen
wir dringend in die Erzeugung von synthetischen Kraftstoffen in
Bioraffinerien investieren." Dabei könnten auch Pflanzenabfälle wie
etwa Stroh zu Sprit verarbeitet werden.
Gabriel kritisierte die Mineralölwirtschaft, weil sie bisher nur
wenig Interesse an Investitionen in Bioraffinerien zeige. "Die
Mineralölwirtschaft tut sich am schwersten damit", sagte er.
Nach seinen Angaben verhandeln Autoindustrie, Landwirtschaft,
Mineralölwirtschaft, Umwelt- und Landwirtschaftsministerium seit
einem halben Jahr über den Einstieg in die Massenproduktion von
Biokraftstoffen.
Darüberhinaus kündigte Gabriel eine Umstellung der
Kraftfahrzeugsteuer "auf den Schadstoffausstoß verbunden mit einer
Kennzeichnungspflicht über den Kraftstoffverbrauch" an. Der Bund
müsse mit einem solchen Gesetz durch den Bundesrat, weil die
Kfz-Steuer eine Ländersteuer ist. "Aber im tiefen Vertrauen auf die
Länder, die den Koalitionsvertrag mit unterschrieben haben, glaube
ich, dass wir das hinkriegen. Außerdem ist das eine gemeinsame
Forderung einer Koalition, die so eher selten zustande kommt: vom
ADAC, dem Verband der Automobilindustrie, der Automobilwirtschaft und
Bundesumweltministerium. Ich hoffe, dass die Vorstände der Industrie
in den Autoländern auch mit den Ministerpräsidenten sprechen werden",
sagte der Minister.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel