Steinmeier wirft CDU bei der Parteibildung nach der Wende unglaubwürdige Politik vor
Archivmeldung vom 09.10.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.10.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hat der CDU eine unglaubwürdige Politik bei der Parteienbildung nach der Wende vor 18 Jahren vorgeworfen.
In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" (Donnerstag-Ausgabe) sagte der Bundesaußenminister und kommissarische SPD-Chef: Mit der Wiedergründung der SPD und der Absage an eine kollektive Aufnahme früherer SED-Mitglieder habe seine Partei "nicht den bequemen Weg gewählt und die alten Kader nicht einfach übernommen". Das war "schlicht unzumutbar für eine Partei, die man in der DDR zwangsvereinigt hatte", so Steinmeier. Die SPD konnte erst mit der Wende von wirklich mutigen Demokraten wiedergegründet werden. "Ich halte unsere Politik auf jeden Fall für glaubwürdiger als die mancher Konkurrenten", so der SPD-Politiker. "Die CDU hatte jedenfalls keine Probleme damit, die einstigen Blockparteien bei sich unterschlüpfen zu lassen."
Mit Blick auf die Linke und jüngste hessische Regierungskontakte zwischen seiner Partei und der Linken sagte Steinmeier: "Politik macht man mit Leidenschaft - aber auch mit Augenmaß und vor allem: Nie ohne Verantwortung! Wir Sozialdemokraten machen keine Versprechungen, die wir nicht verantworten können. Und wir werden in unserer Programmatik nicht denen nachlaufen, die auf reinen Populismus setzen." Die Wahl habe dann der Wähler. Welche Schlüsse daraus zu ziehen seien, müsse auf der jeweils verantwortlichen Ebene entschieden werden. "Was den Bund betrifft, so ist meine Haltung glasklar: Koalitionen mit der Linkspartei kommen nicht in Frage, gerade auch aus Gründen der Außen- und Sicherheitspolitik."
Zum konkreten Fall in Hessen sei "alles gesagt worden und innerhalb der SPD fast von jedem, auch von mir und auch gegenüber Frau Ypsilanti". Jetzt müsse in Hessen entschieden werden. "Ich gehe davon aus, dass das verantwortungsvoll geschieht."
In Erinnerung an die historische Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989 in Leipzig und in einer Bilanz der Einheit meinte Steinmeier: "Erinnerungstage sind wichtig. Aber sie reichen nicht, um die Einheit zu vollenden. Dazu müssen wir uns um die weitere Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West bemühen." Dennoch könne man auch heute schon mit Selbstbewusstsein auf das zurückschauen, was bereits gelungen sei. "Die Arbeitslosigkeit ist in den östlichen Bundesländern in den letzten drei Jahren um über fünf Prozent gesunken. Das Wirtschaftswachstum von mehr als zwei Prozent im vergangenen Jahr hat viele Regionen aufholen lassen. Aber natürlich ist das alles kein Anlass zur Selbstzufriedenheit. Vielmehr muss es Ansporn sein, weiter zu machen, denn viel bleibt zu tun."
Er könne sich noch gut an den Streit in der letzten Legislaturperiode über die Solidarität zwischen Ost und West erinnern. "Da gab es viele, die meinten, es sei Zeit für ein Ende der Aufbauhilfe. Und es war eine sozialdemokratisch geführte Regierung, die dafür gesorgt hat, den Solidarpakt II bis 2019 zu garantieren. Gerade die SPD fühlt sich der Entwicklung vergleichbarer Lebensverhältnisse im Osten verpflichtet. Das wird auch in Zukunft so bleiben."
Quelle: Leipziger Volkszeitung