Zwei Drittel der Wähler finden Arbeit der FDP-Minister mies
Archivmeldung vom 10.02.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFDP-Vorstandsmitglied Wolfgang Kubicki hat sich extrem besorgt über den Zustand seiner Partei geäußert. "Wir erleben derzeit eine gewisse Auflösung der Ordnung der FDP", sagte der FDP-Fraktionschef im Kieler Landtag in der neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe des Hamburger Magazins stern.
Die Kampagne für die Steuersenkungen nannte Kubicki "völlig missglückt". Die Partei sei "oft sprachlos", es gebe "keinen, der die Botschaften zusammenbindet". Außerdem sehe es "nach außen so aus, als hätten wir den ordnungspolitischen Kompass verloren", kritisierte Kubicki, der sich zudem besorgt hinsichtlich der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen äußerte: "Es ist nicht ausgeschlossen, dass die vollständige Kampfkraft der FDP bis dahin noch nicht wiederhergestellt sein wird." Auch der frühere FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt sagte dem stern: "Die Partei ist in einer ausgesprochen schwierigen Lage."
In der Wählergunst ist die FDP bundesweit laut stern-RTL-Wahltrend mittlerweile auf acht Prozent abgestürzt. Während die Parteiführung auf einer Krisensitzung am vergangenen Sonntag das mangelnde Reformtempo als Hauptgrund für die schlechten Werte ausmachte, zeigt eine repräsentative stern-Umfrage unter abgewanderten FDP-Wählern ein anderes Bild. Zwei Drittel gaben an, ihre Erwartungen an die FDP seien enttäuscht worden. Sie werfen der Partei Inkompetenz, Konzeptionslosigkeit und Überforderung vor oder eine unrealistische Haltung in der Steuer- und Finanzpolitik. 40 Prozent sagen, sie hätten die FDP falsch eingeschätzt und kritisieren deren "Klientelpolitik". 39 Prozent der Abwanderer klagen über "schlechte Politik" und "Unfähigkeit".
Auch die Unzufriedenheit mit dem FDP-Personal ist groß. Nach den ersten 100 Monaten im Amt bekommen die fünf liberalen Bundesminister ein extrem schlechtes Zeugnis ausgestellt. Nach einer weiteren stern-Umfrage sagen mehr als zwei Drittel der Bundesbürger über die Arbeit der FDP-Amtsinhaber: "Nicht gut". Am besten schneidet noch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrberger ab, mit ihrer Arbeit sind 37 Prozent aller Bürger zufrieden, 63 Prozent finden sie nicht gut. Mit Außenminister Westerwelle sind 35 Prozent zufrieden, mit Gesundheitsminister Philipp Rösler 27 Prozent, mit Wirtschaftsminister Rainer Brüderle 26 Prozent. Auf die größte Ablehnung stößt Dirk Niebel. Dem Entwicklungshilfeminister geben 85 Prozent der Bevölkerung eine schlechte Note.
Auch unter den FDP-Anhängern herrscht Enttäuschung über die Minister. Einzig mit Guido Westerwelle ist laut stern-Umfrage eine Mehrheit zufrieden (55 Prozent), Rainer Brüderle findet nur bei einem Drittel der liberalen Anhängerschaft Zustimmung, Dirk Niebel ist auch hier das Schlusslicht mit 26 Prozent. Mit Leutheusser-Schnarrenberger und Philipp Rösler sind 38 bzw. 39 Prozent zufrieden.
Datenbasis Umfragen: (Abtrünnige) 514 Befragte, die bei der Bundestagswahl 2009 der FDP ihre Stimme gegeben hatten; (Beurteilung der Minister) 1005 Befragte; Zeitraum 4. und 5. Februar 2010; Quelle: Forsa-Institut, Berlin; Auftraggeber: stern
Quelle: stern