Lindner will Mindestlohn-Kompromiss mit der Union
Archivmeldung vom 25.02.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende Christian Lindner macht sich für eine Einigung mit der Union für Mindestlöhne stark. "Der Kompromiss der CDU scheint mir nah an der gültigen Rechtslage zu sein", sagte Lindner der "Welt am Sonntag".
Lindner erinnerte daran, dass das Mindestarbeitsbedingungengesetz schon seit Jahrzehnten erlaube, in Branchen zu Lohnuntergrenzen zu kommen, falls soziale Verwerfungen von einer unabhängigen Kommission festgestellt werden. "Nötigenfalls kann man dieses Instrument weiterentwickeln", schlug er vor.
Linder sagte auch: "Mich lässt es jedenfalls nicht kalt, wenn jemand Vollzeit arbeitet, aber dauerhaft von seiner Arbeit nicht leben kann." Das widerspreche der Leistungsgerechtigkeit, "wenn es zum Glück auch kein Massenphänomen in Deutschland ist".
Für einen Mindestlohn-Kompromiss mit CDU/CSU nannte Lindner drei Voraussetzungen: "Erstens: Es entscheiden weiter die Tarifpartner und nicht die Politik. Zweitens: Regionale Unterschiede werden berücksichtigt. Drittens: Für Azubis oder Langzeitarbeitslose gibt es Öffnungsklauseln, damit die gut gemeinte Lohnuntergrenze nicht zur Hürde für den Einstieg wird." Ein Modell, das diese Punkte berücksichtigt, könne man diskutieren.
Von der Leyen sieht Chance für Einigung auf Mindestlohn
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat den Kurswechsel der FDP beim Mindestlohn begrüßt und erwartet demnächst einen Kompromiss mit dem Koalitionspartner. "Es gibt jetzt die Chance, dass wir vor der Bundestagswahl ein gemeinsames Mindestlohnmodell beschließen", sagte von der Leyen im Interview des Nachrichtenmagazins "Focus". "Ich freue mich, dass Bewegung in die Sache kommt. Die Debatte dreht sich nicht mehr darum, ob wir Mindestlöhne brauchen, sondern um das Wie." Nach den Vorstellungen der Ministerin sollen Arbeitgeber und Gewerkschaften über einen Mindestlohn verhandeln. Mit 65.000 geschlossenen Tarifverträgen seien sie die Experten, nicht die Politiker. "Ein Mindestlohn muss punktgenau und fair sein, dann schützt er, ohne Arbeitsplätze zu zerstören." Die Pläne der SPD lehnt von der Leyen ab: "Die SPD fordert pauschal und von der Politik bestimmt 8,50 Euro. Das ist der falsche Ansatz."
CDU-Sozialexperte Laumann plädiert für "robusten Mindestlohn"
Der CDU-Sozialexperte und NRW-Fraktionschef Karl-Josef Laumann strebt beim Mindestlohn mit der FDP keine Einigung um jeden Preis an. "Wir brauchen einen robusten Mindestlohn. Der künftige Mindestlohn muss prägende Wirkung haben, sonst können wir es gleich sein lassen", sagte Laumann dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Wir können nicht Hunderte Ausnahmen gebrauchen, sondern streben eine einheitliche und verbindliche Lohnuntergrenze an, bei der die Kommission der Tarifpartner in wenigen begründeten Fällen differenzieren kann."
Laumann hält eine Einigung mit der FDP noch vor der Wahl jedoch für denkbar. "Ich glaube, dass wir beim Mindestlohn noch vor der Wahl zu einer Lösung kommen. Das wäre ein schönes Signal für die Zukunft von Schwarz-Gelb: Die beiden Partner, die sich beim Thema Mindestlohn erkennbar schwergetan haben, sind am Ende zu einer gemeinsamen Lösung gekommen."
Als Höhe des von den Tarifparteien festzusetzenden Mindestlohns nannte Laumann den Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche als Richtschnur. "Das sind 8,19 Euro im Westen und 7,50 Euro im Osten." Um zu verhindern, dass tarifliche Regelungen durch Werkverträge umgangen werden können, will Laumann den Geltungsbereich von Mindestlöhnen ausdehnen. "Ich will zum einen, dass die Mindestlöhne auch bei Werkverträgen gelten. Zum anderen muss künftig der Betriebsrat mitentscheiden können, wieweit ein Betrieb seine Arbeit in Werkverträgen organisiert."
An die CDU appellierte Laumann, alle Bevölkerungs- und Einkommensschichten anzusprechen. "Sonst sind Wahlergebnisse über 40 Prozent nicht denkbar. Die CDU kann ihre Wahlkämpfe mit dem Thema soziale Gerechtigkeit nicht gewinnen, aber sehr wohl verlieren."
Brüderle signalisiert Kompromissbereitschaft bei Mindestlohn
Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Rainer Brüderle, hält eine Einigung der Koalition beim Thema Mindestlohn noch in dieser Legislaturperiode für wahrscheinlich. Im "Bericht aus Berlin" sagte er, er könne sich das vorstellen, weil auch bei der Union in diesem Bereich Bewegung eingezogen sei.
Brüderle bekräftigte gleichzeitig die Haltung seiner Partei, dass es keinen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn geben dürfe. Wichtig seien Tarifautonomie und regionale Differenzierungen. Eine Kommission aus Tarifparteien und Experten sei vorstellbar. "Es gibt so etwas in Großbritannien, nennt man dort `Royal Commission`, wo nicht nur die Tarifvertragsparteien drin sind, sondern auch unabhängiger Sachverstand", so Brüderle weiter.
Quelle: dts Nachrichtenagentur