Polizeigewerkschafts-Chef: Causa Wulff ist auch Causa Merkel
Archivmeldung vom 18.02.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, hat im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) scharf kritisiert. "Die Causa Wulff ist insgesamt auch eine Causa Merkel, deren politischer Instinkt nicht optimal funktioniert hat", sagte Wendt "Handelsblatt-Online". "Die viel zu lange Phase bis zum Rücktritt des Präsidenten hat das Vertrauen in die politische Klasse insgesamt beschädigt und ein Schlaglicht auf die mangelnde Sensibilität geworfen, mit der an die Vergabe hoher Staatsämter herangegangen wird."
Wendt forderten Konsequenzen aus den Vorgängen um Wulff. "Die politischen Parteien müssen lernen, dass der Staat nicht ihre Beute ist, dessen Funktionen sie untereinander aufteilen dürfen", sagte der Gewerkschafter. "Niemand darf sich über den Niedergang staatlicher Autorität wundern, wenn die Parteien derart wenig Gespür und Respekt vor der Notwendigkeit aufbringen, nur solche Persönlichkeiten an die Spitze von Staat, Parlament und Regierung zu bringen, die auch eine Gewähr für die erforderliche Lebenserfahrung, Reputation und Qualifikation aufbringen." International habe das Ansehen Deutschlands wegen der Wulff-Affäre "wenig gelitten", ist sich Wendt sicher, aber wohl nur, weil die Menschen andernorts vermutlich größere Sorgen hätten. Innerhalb des Landes seien dagegen "Amtsautorität, staatliche Reputation und Politikakzeptanz stark beschädigt" worden. "Jetzt wird es darauf ankommen, eine Kandidatin oder einen Kandidaten zu finden, mit der oder mit dem der entstandene Schaden rasch behoben werden kann", fügte Wendt hinzu. "Für Beamte ist die Art und Weise, mit der Politiker zuweilen in hohen Ämtern agieren nur schwer mit den Anforderungen in Einklang zu bringen, die an Polizisten, Lehrer, Sachbearbeiter oder Feuerwehrleute täglich gestellt werden."
FDP-Abgeordneter Lotter: Wulffs Rücktritt erfolgte ohne ehrliche Einsicht
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Erwin Lotter hat den Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff als verspätet und unehrlich kritisiert. "Der Respekt fällt mir schwer, da der Rücktritt zu spät und spürbar ohne ehrliche Einsicht erfolgt ist", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". "Das Bekenntnis zur Integration erscheint vor diesem Hintergrund als politische Folklore, mit der Herr Wulff versucht, eine manch unwürdige Facette kaschierende Fassade aufzubauen. Für mich handelt es sich um den Versuch, in einer von ihm verantworteten Situation der Unwürde ein politisches Vermächtnis zu konstruieren, das die Ursachen für sein Scheitern im Amt kaschieren soll. Damit wird dem dringenden Anliegen der Integration, so wie sie mir am Herzen liegt, ein Bärendienst erwiesen. Insofern: Bedauern über seinen Rücktritt verspüre ich nicht - aber doch Erleichterung." Lotter hatte Wulff in der Vergangenheit mehrmals zum Rücktritt aufgefordert.
Quelle: dts Nachrichtenagentur