Justizministerin sieht Lehman-Krise als Auslöser für Rechtsruck
Archivmeldung vom 15.09.2018
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Freigeschaltet durch André OttBundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hält auch zehn Jahre nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers die Krise noch nicht für ausgestanden. Sie wirke noch heute in der Gesellschaft "sehr stark" nach, sagte sie der "Welt". "Durch die Lehman-Pleite machte sich eine starke Verunsicherung breit, viele Bürgerinnen und Bürger hatten das diffuse Gefühl, nicht mehr alles im Griff zu haben", so Barley.
Dieses Gefühl habe über die Jahre eher noch zugenommen und dazu geführt, dass "beide politischen Ränder - bei uns mehr der rechte, in anderen Ländern auch der linke - stärker werden". Ein Problem sieht Barley darin, dass die Verantwortlichen in den mit Milliarden geretteten Banken relativ schadlos aus der Krise herauskamen. Dies gebe es auch generell in der Wirtschaft. "Es gibt leider immer wieder Manager und Aufsichtsräte, die Unternehmen vor die Wand fahren und trotzdem noch mit einem goldenen Handschlag, sprich mit einer üppigen Abfindung, herausgehen", sagte sie und forderte eine "grundsätzliche Verhaltensänderung". Noch sei es zivilrechtlich schwer, den Unternehmen beizukommen. Deshalb arbeite die Bundesregierung an einem neuen Sanktionsrecht. "Künftig können Unternehmen nicht mehr so einfach darauf verweisen, dass es sich um das Vergehen eines einzelnen Mitarbeiters handelt, von dem man leider nichts mitbekommen habe", sagte sie.
Bereits bei den Koalitionsverhandlungen hatten sich CDU, CSU und SPD auf Eckpunkte für ein neues Gesetz geeinigt. Eine Entlastung für Banken und Kunden kündigte Barley in der Finanzberatung an. "Die Papierstapel in der Finanzberatung werden in Zukunft wieder dünner, das ist mein klares Ziel", sagte sie. Es komme darauf an, die Balance zwischen umfassender Information, über das, was wichtig ist, und einer verständlichen, nutzerfreundlichen Dokumentation zu schaffen. Nach der Lehman-Pleite waren eine Reihe neuer Formulare eingeführt worden, dazu gehörten Beratungsprotokolle und Produktinfor
mationsblätter. Ein generelles Provisionsverbot, wie von Verbraucherschützern seit Jahren gefordert, hält die Ministerin derzeit nicht für notwendig. Sie machte aber deutlich, dass sich dies ändern könnte. "Ich finde eine Provision nicht schlimmer als ein Honorar, sofern es für den Kunden absolut transparent ist", sagte sie. Einen Konflikt zwischen den Interessen der Bank und den Interessen des Kunden sieht sie nur, wenn es unterschiedliche Provisionshöhen gibt und eine Bank versucht sein könnte, das Produkt mit der höheren Provision zu verkaufen.
Deshalb lege sie auf Transparenz so viel wert. Dann sehe der Kunde die Unterschiede, könne nachfragen und vergleichen. "Wenn wir feststellen, dass das nicht funktioniert, können wir über den nächsten Schritt nachdenken", so die Ministerin. Dort, wo unverhältnismäßig hohe Provisionen bereits zu Missständen geführt haben, setze sie sich für eine Deckelung ein. "Dies sehe ich insbesondere bei Restschuldversicherungen, die Verbrauchern häufig zusätzlich zu einem Kredit aufgedrängt werden", sagte Barley.
Quelle: dts Nachrichtenagentur