Schleswig-Holstein: Ehemalige Spitzen-Genossen werben für Große Koalition
Archivmeldung vom 29.11.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn der Debatte über den Mitgliederentscheid der SPD haben sich ehemalige Spitzen-Genossen aus Schleswig-Holstein zu Wort gemeldet. Der frühere Ministerpräsident und SPD-Bundesvorsitzende Björn Engholm sowie die beiden ehemaligen Landesvorsitzenden Günther Jansen und Gerd Walter raten ihren Parteifreunden, dem schwarz-roten Koalitionsvertrag zuzustimmen. Engholm erinnerte im Gespräch mit den Kieler Nachrichten (Sonnabend-Ausgabe) an das Wahlergebnis von 25,7 Prozent für die SPD und 41,5 Prozent für die Union.
"Wenn ich dieses Verhältnis zugrunde lege, dann hat die SPD die Koalitionsverhandlungen erstklassig abgeschlossen", lobte der 74-Jährige. Nach dem, was er bisher gelesen habe, könne er dem Vertrag "guten Gewissens" zustimmen. Den Kritikern, denen der Vertrag nicht rot genug ausgefallen ist, empfiehlt der Lübecker: "Auf dem Teppich bleiben!" Im geplanten Bündnis mit der Union sei die SPD nur der Minderheitspartner, der nicht glauben dürfe, sein komplettes Programm umsetzen zu können. Sollten die Mitglieder in der jetzt anlaufenden Urabstimmung gegen die Koalition mit den Schwarzen votieren, sieht Engholm schwarz für seine Partei. "Dann werden wir feststellen, dass die Grünen sehr schnell unsere Rolle einnehmen." Günther Jansen, der von 1975 bis 1987 die Nord-SPD führte, sagte: "Mehr als das, was der Koalitionsvertrag im Bereich der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik enthält, könnten Sozialdemokraten auch nicht allein machen. Ich behaupte: Alles weitere ist nicht finanzierbar und nicht durchsetzbar." Der 77-Jährige würdigte die ausgehandelten Ergebnisse als "sehr qualifiziert". Sollten die SPD-Mitglieder mit Nein stimmen, werde die Union sofort auf Neuwahlen setzen. "Und dann wird die Union mit wichtigen Positionen aus dem Koalitionsvertrag wie Mindestlohn oder Mindestrente in den Wahlkampf ziehen", prognostizierte Jansen. "Für die SPD bleibt dann kaum noch etwas übrig außer Forderungen, die nicht realistisch sind", ist Jansen überzeugt, der sich seit seinem Rücktritt als Arbeits- und Sozialminister 1993 so gut wie gar nicht mehr parteipolitisch äußerte. "Die SPD hat die fatale Neigung, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen und eigene Verdienste kleinzureden", bemerkte Gerd Walter zur Kritik am Koalitionsvertrag. Der 64-Jährige zitierte Willy Brandt: "Kleine Schritte sind allemal besser als große Worte." Links heiße, konkrete Verbesserungen für Menschen zu realisieren. Sollten sich die Neinsager durchsetzen, würde sich die SPD auf Jahre ins politische Abseits manövrieren.
Quelle: Kieler Nachrichten (ots)