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Ärger in Union über Merkels Umgang mit Sarrazin-Debatte

Archivmeldung vom 04.09.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.09.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
"Deutschland schafft sich ab: Wie wir unser Land aufs Spiel setzen" von Thilo Sarrazin
"Deutschland schafft sich ab: Wie wir unser Land aufs Spiel setzen" von Thilo Sarrazin

In der Union gibt es deutliche Kritik am Umgang von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den umstrittenen Thesen des Bundesbankvorstands Thilo Sarrazin. "Es wäre falsch, jetzt jede Aussage Sarrazins zu verdammen", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Manche seiner Thesen seien zwar unsäglich, so Herrmann, "wo aber Probleme sind, müssen wir sie klar ansprechen. Und die größten Probleme haben wir zweifellos bei einem Teil der Muslime aus der Türkei."

Der Chef der baden-württembergischen CDU-Landtagsfraktion Peter Hauk sagte, bei den Anhängern der Union stießen die Äußerungen Sarrazins auf große Zustimmung. "Neun von zehn Zuschriften, die ich im Moment erhalte, geben Thilo Sarrazin recht." Aus seiner Sicht reiche es deswegen nicht aus, Sarrazin einfach zu kritisieren. Vielmehr müsse die Berliner CDU-Führung die Probleme mit den Zuwanderern klarer ansprechen und in der Integrationspolitik "härtere
 Bandagen" anlegen. Der CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich warnte davor, die Debatte über die Integration von Ausländern mit der Entscheidung, Sarrazin aus dem Vorstand der Bundesbank zu entlassen, wieder zu den Akten zu legen. "Wenn es in der Bevölkerung brodelt, gibt es keinen Grund, sich auf die Schultern zu klopfen, bloß weil man die Causa Sarrazin gelöst hat", so Friedrich.

Stoiber warnt in Sarrazin-Debatte vor Realitätsverdrängung

In der Diskussion um die umstrittenen Thesen des Bundesbank-Vorstands Thilo Sarrazin hat der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber die Parteien davor gewarnt, offenkundige Probleme in der Ausländerpolitik zu verdrängen. In der "Bild"-Zeitung (Samstagausgabe) erinnerte der frühere bayerische Ministerpräsident an das Entstehen der Republikaner in den 80er-Jahren. Die jahrelange "erregte, aber fruchtlose" Diskussion um das Asylrecht habe damals zum Aufstieg dieser rechten Partei geführt. Stoiber: "So weit darf es nicht wieder kommen." Der CSU-Politiker betonte: "Ich warne die politische Klasse, sich zu weit von den Diskussion im Volk zu entfernen. Es gibt bereits einen Vertrauensverlust gegenüber der Politik. Das ist überhaupt nicht zu bestreiten, und das sollte man auch sehr ernst nehmen." Deutschlands Problem, so Stoiber, "ist nicht ein Buch. Die Probleme in Deutschland liegen dort, wo die Menschen sie in ihrem Alltag erleben. Viele Gespräche am
 Arbeitsplatz, im Sportverein, in den Gaststätten oder im Internet laufen völlig anders als in Parteizirkeln oder Talkshows." Die Politik müsse endlich bereit sein, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen, mahnte der CSU-Ehrenvorsitzende. Dazu gehöre eine bessere Integration, die vor allem "eine Bringschuld der hier lebenden ausländischen Mitbürger" sei. 

Bundesregierung plant "Integrationsvereinbarungen" mit Neuzuwanderern

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), hat Probleme bei der Vermittlung der Zuwanderungspolitik eingestanden. "Die Kluft zwischen der Bevölkerung und der Politik macht mir Sorge", sagte sie dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Die öffentliche Reaktion auf Sarrazin zeigt, dass wir noch offensiver über Probleme und Erfolge in der Integration reden müssen." Die Staatsministerin im Kanzleramt kündigte in "Focus" zugleich einen neuen Vorstoß der Bundesregierung an. "Wir werden künftig Integrationsvereinbarungen mit Neuzuwanderern schließen. Noch in diesem Jahr beginnen wir in den ersten Kommunen mit dem Testlauf", sagte die CDU-Politikerin. In diesen Verträgen will Böhmer "verbindlich festschreiben, was der Staat den Menschen zu bieten hat, aber auch was sie im Gegenzug zu leisten haben - mit Sprachkursen oder Fortbildungen zum Beispiel". Auch den Startschuss für einen groß angelegten "Aktionsplan Integration" will die Bundesregierung noch in diesem Jahr geben. Böhmer betonte allerdings, dass dieser Plan unabhängig von Sarrazins Debatte zu sehen sei. "Nachhilfe von Herrn Sarrazin brauchten wir da nun wirklich nicht."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

 

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