Roth wirbt nach Kühnert-Rücktritt für "Kultur der Nachsicht"
Archivmeldung vom 08.10.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Roth wirbt nach dem Rücktritt von Kevin Kühnert als SPD-Generalsekretär für eine "Kultur der Nachsicht" und für mehr Achtsamkeit im politischen Betrieb. "In der Politik wird erwartet, dass man omnipräsent ist und zu jedem Thema immer etwas zu sagen hat", sagte Roth zu "Ippen-Media".
"Man muss sich als Politiker in den Sturm stellen. Denn Politik beruht
in einer Demokratie auf Streit", erklärte der SPD-Politiker. "Der wird
allerdings auch immer persönlicher geführt."
Kevin Kühnert hatte
seinen Rücktritt damit begründet, dass er Zeit und Energie brauche, um
sich um seine Gesundheit zu kümmern. Auch Roth hatte sich 2022 zeitweise
aus der Politik zurückgezogen. Damals hatte er öffentlich über seine
Burnout-Diagnose gesprochen. "Das war ein langer, schmerzhafter Prozess.
Ich neige zu einem protestantisch geprägten Arbeitsethos und es fiel
mir schwer, Terminanfragen abzusagen, mal einen Schritt zurückzutreten,
zur Ruhe zu kommen", so Roth. "Man macht einfach weiter im Hamsterrad."
Die
sozialen Medien trügen dazu in erheblichem Maße bei, so der ehemalige
Staatsminister. "Man ist permanent auf Sendung. Wir machen als Politiker
heutzutage mehr Fehler, vor allem, weil wir einfach viel mehr sagen und
verbreiten."
Die Reaktionen darauf seien oft nicht sachlich,
sondern sehr persönlich und hart. "Es gibt eine völlige Enthemmung. Vor
allem X ist seit der Übernahme durch Elon Musk immer toxischer
geworden", so Roth. "Man kommt kaum mehr hinterher, jede Beleidigung,
jede Bedrohung zur Anzeige zu bringen, weil das einfach so viel geworden
ist. Das hinterlässt Spuren. Und leider gibt es in unserem Land und in
der Politik keine Kultur des Verzeihens und der Nachsicht." Das müsse
sich ändern.
Zur nächsten Bundestagswahl will Roth nicht mehr
antreten. "Ich spüre inzwischen eine gewisse Entfremdung vom
Politikbetrieb. Die harten Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre -
wir haben ja schließlich um Krieg und Frieden gestritten - sind nicht
einfach nur in den Kleidern hängen geblieben." Er wolle nun etwas Neues
wagen und unter anderem ein Buch schreiben. Eine Rückkehr in die
parlamentarische Arbeit komme für ihn nicht mehr infrage, so Roth.
Quelle: dts Nachrichtenagentur