Regierung duldet Preistricks von Generika-Herstellern
Archivmeldung vom 30.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Bundesgesundheitsministerium nimmt offenbar billigend in Kauf, dass Generika-Hersteller Vorschriften aus dem Arzneimittel-Sparpaket umgehen. Nach Informationen von NDR Info kennt das Ministerium spätestens seit Anfang November das Problem, sieht aber keinen Handlungsbedarf. Das belegt ein Brief aus dem Bundesgesundheitsministerium, der NDR Info vorliegt.
Mehrere Generika-Hersteller haben Mitte Dezember für zahlreiche
Arzneimittel die Preise kurzfristig angehoben. Bereits Anfang Januar
sollen sie wieder gesenkt werden. Damit können die Hersteller einen
Rabatt umgehen, den sie eigentlich den gesetzlichen Krankenkassen
gewähren müssen.
In einem Brief vom 3. November 2006 an ein Tochterunternehmen des
Apothekerverbandes ABDA bestätigt ein Referatsleiter des
Gesundheitsministeriums, dass dieses Vorgehen rechtens sei. Der
Referatsleiter gibt den Pharmaherstellern indirekt sogar grünes
Licht, die Gesetzeslücke auszunutzen. Der Beamte schreibt: "Ich rege
an, diese Auffassung auch mit den Verbänden der pharmazeutischen
Industrie [...] abzustimmen."
Das Gesundheitsministerium sieht bis heute keinen Grund, die
Gesetzeslücke zu schließen. Das teilte eine Sprecherin des
Ministeriums in Berlin mit. Die Befürchtungen der Krankenkassen, dass
das Verhalten der Pharmaunternehmen hohen finanziellen Schaden
verursachen könnte, nannte sie nicht nachvollziehbar. Nach
Schätzungen der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen haben
bereits 14 Generika-Hersteller die Gesetzeslücke ausgenutzt. Dadurch
hätten die Kassen einen Einnahmeverlust von 150 Millionen Euro. Die
Belastung könne sogar auf bis zu 1,5 Milliarden Euro ansteigen. Die
Spitzenverbände der Krankenkassen weisen darauf hin, dass sie die
Regierung rechtzeitig vor Inkrafttreten des Gesetzes auf das Problem
hingewiesen hätten.
Quelle: Pressemitteilung NDR Norddeutscher Rundfunk