Nach rbb24 Recherche-Bericht: Kindler (Grüne) kritisiert Flughafengesellschaft FBB
Archivmeldung vom 12.06.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg hat in ihrem Businessplan für den BER nach rbb-Informationen zu optimistisch gerechnet. Laut der Redaktion rbb 24 Recherche kann das Unternehmen keine stark erhöhten Einnahmen durch Zahlungen von den Airlines erwarten.
Flughafenchef Lütke Daldrup hat vor einem Monat erklärt, dass die Entgelte um 70 Prozent höher liegen würden als in Schönefeld oder Tegel. Laut rbb24 Recherche werden sie wohl nur um durchschnittlich 25 Prozent steigen. Damit würden der FBB bis zum Jahr 2024 rund eine halbe Milliarde Euro Einnahmen fehlen.
Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, MdB Sven-Christian Kindler, übte scharfe Kritik an der FBB. Er sagte dem rbb am Donnerstag:
"Das Vertrauen in die Berechnungen der FBB zu ihrer finanziellen Lage ist durch die Medienrecherchen erheblich erschüttert. Es ist nun an der Zeit, dass die Experten des unabhängigen Bundesrechnungshofes die finanzielle Lage der FBB umfassend prüfen. Hier liegt offenbar einiges im Argen. Was hier aufgedeckt wurde, hinterlässt erhebliche Zweifel an der Geschäftsführung der FBB. Ohne eine umfassende Prüfung des Bundesrechnungshofes können im Bundestag keine weiteren Mittel für den BER freigegeben werden." Die Flughafengesellschaft FBB wollte sich nicht zu den Recherchen äußern.
Entgeltsteigerungen am neuen BER geringer als behauptet
Die Entgeltsteigerungen am neuen Hauptstadtflughafen BER sind nach Berechnungen der Redaktion rbb24 Recherche geringer als erwartet. Am 7. Mai erklärte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup, dass die Entgelte für die Fluggesellschaften am BER nach Inbetriebnahme um 70 Prozent höher liegen würden als bei den Flughäfen Schönefeld und Tegel.
rbb24 Recherche hat die Aussage anhand der der gültigen Entgeltordnungen für die Flughäfen Schönefeld, Tegel und den BER überprüft und kommt zu dem Ergebnis, dass die Entgelte im Durchschnitt nur um 23 bis 25 Prozent steigen werden. Eine Berechnung des Bundesverbandes der deutschen Fluggesellschaften (BdF), die dem rbb vorliegt, geht beim Vergleich von Tegel mit dem BER nach Inbetriebnahme von einer Steigerungsrate von maximal 25 Prozent aus. Die Steigerung der Entgelte ist nach Aussage des Brandenburger Ministeriums für Finanzen Bestandteil des im März 2020 verabschiedeten Businessplans der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH (FBB) und Grundlage der Finanzplanung. Wirtschaftsprüfer hätten den Businessplan 2020 "geprüft und als konsistent" bewertet.
Aus den Berechnungen von rbb24 Recherche ergibt sich, dass die FBB im Jahr 2021 bei einer Entgeltsteigerung von maximal 25 Prozent - ohne den Einfluss von Corona - mindestens 135 Millionen Euro weniger einnehmen würde als bislang prognostiziert. Hochgerechnet auf die noch vor der Corona-Krise erstellte Finanzplanung für den Zeitraum 2021 bis 2024, würden der FBB demnach mindestens 540 Millionen Euro fehlen. Bislang ist nicht bekannt, ob die FBB für die kommenden Jahre von einer nochmaligen Steigerung der Entgelte ausgegangen ist.
Die FBB hat sich auf Anfrage weder zu den Berechnungen von rbb24 Recherche noch zu den Aussagen des BdF geäußert. In den Entgeltordnungen ist festgelegt, was die Fluggesellschaften für die Nutzung eines Flughafens zu bezahlen haben. Die eigentliche Entgeltordnung muss vom jeweils zuständigen Ministerium genehmigt werden. Hinzu kommen Entgelte für die Nutzung der sogenannten zentralen Infrastruktur, die ein Flughafenbetreiber selbst festlegen kann. Die Daten sind öffentlich einsehbar. Für die Berechnungen des rbb zur Entgelterhöhung am neuen BER wurde ein A-320 als Beispiel genutzt. Auch die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg GmbH (FBB) und der BdF nutzen diesen Flugzeugtyp für ihre Vergleichsrechnungen.
Quelle: Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) (ots)