Spitzenpolitiker fordern von Ostdeutschen mehr Selbstbewusstsein
Archivmeldung vom 22.11.2012
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtIm Zuge der Debatte über den geringen Anteil von Ostdeutschen in der bundesrepublikanischen Elite fordern Spitzenpolitiker von den Ostdeutschen mehr Selbstbewusstsein. Ostdeutsche sollten "mit Stolz auf die Entwicklung nach der Wende zurückblicken und dabei offensiv auf unsere Erfahrungen hinweisen", sagte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), der Tageszeitung "Die Welt".
"Ein Bundespräsident und eine Bundeskanzlerin mit ostdeutschen Biografien sind das richtige Signal dafür, dass wir uns einmischen und die Berücksichtigung unserer ganz eigenen Erfahrungen immer wieder reklamieren müssen." Nach der Wende sei ein Elitenwechsel in Politik, Justiz und Medien ausdrücklich gewünscht und auch notwendig gewesen, sagte Haseloff. Doch dieser habe auch zu einer "Verdrängung ostdeutscher Repräsentanten durch die westdeutsch dominierten Netzwerke" geführt.
Nach Ansicht von Wolfgang Thierse, Bundestagsvizepräsident und SPD-Politiker, war der Elitenwechsel als Konsequenz der friedlichen Revolution zwar "von einer Mehrheit der Ostdeutschen gewünscht". In Bereichen wie Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft sei er aber deshalb so schmerzlich gewesen, "weil Ostdeutsche keine wirklich faire Chance hatten denn die Westdeutschen waren die Stärkeren, hatten die Netzwerke, waren die Eleganteren oder Brutaleren im Ellenbogen-Einsatz", sagte Thierse der "Welt". "Mut, Selbstbewusstsein, Cleverness, Selbstdarstellung all die (Un-)Tugenden der Konkurrenz mussten von den Ossis erst mühsam gelernt werden." Die Folgen sei auch deshalb noch spürbar, weil Angela Merkel sich selbst nicht sonderlich für spezifisch ostdeutsche Interessen engagiere, kritisierte Thierse.
Auch Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau fordert die Ostdeutschen auf, mehr Selbstbewusstsein zu zeigen. "Man muss sich selbstbewusst ins Spiel bringen und nicht als Opfer sehen", sagte die Linken-Politikerin der "Welt". Ostdeutsche verfügten nicht nur über Erfahrung mit zwei Systemen, sondern auch die "einzigartige Erfahrung des Systembruchs". Dies könne in vielen Bereichen, etwa in der Bildungsdiskussion, von Vorteil sein.
Vor kurzem war eine Studie des Jenaer Soziologen Raj Kollmorgen bekannt geworden, der zufolge der Anteil von Ostdeutschen an Elitepositionen bundesweit nur bei fünf bis neun Prozent liegt trotz inzwischen gleicher Bildungsabschlüsse. Insgesamt machen Ostdeutsche rund 17 Prozent der Bevölkerung aus.
Quelle: dts Nachrichtenagentur