Studie: Sorge um finanzielle Belastung bei gesetzlich Krankenversicherten größer
Archivmeldung vom 25.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittViele gesetzlich Krankenversicherte haben Schwierigkeiten, die Zuzahlungen für rezeptpflichtige Medikamente aufzubringen - in dieser Gruppe tritt dieses Problem viermal häufiger auf als unter privat Versicherten. Das zeigt der aktuelle "Gesundheitsmonitor" der Bertelsmann Stiftung.
Dies hat Konsequenzen für die
mögliche Ausgestaltung der nächsten Gesundheitsreform. "Wir wissen
beispielsweise aus der Schweiz, dass durch praktisch alle dort wählbaren
Selbstbeteiligungstarife die teilnehmenden Versicherten Kosten einsparen
können", sagt Jan Böcken, Projektleiter der Bertelsmann Stiftung. In Deutschland
kann heute nur ein kleiner Kreis von Versicherten diese Option wählen. Wenn eine
neue Reform dies für alle GKV-Versicherten zulässt, würde sich vermutlich ein
großer Teil aufgrund der aktuellen Zuzahlungsbelastung gegen jegliche Modelle
der Selbstbeteiligung entscheiden. "Damit bliebe einem effektiven Instrument zur
Steuerung der Leistungsinanspruchnahme die Breitenwirkung versagt", so
Böcken.
Nach Ansicht der Bertelsmann Stiftung sollte eine nachhaltige
Gesundheitsreform sich bei der Ausweitung der finanziellen Anreize auf alle
Versicherten konzentrieren. Dies gilt auch deshalb, weil der Gesundheitszustand
der Versicherten laut Studie in der GKV schlechter ist als der in der PKV: 22
Prozent der gesetzlich Versicherten beschreiben ihren Gesundheitszustand als
weniger gut oder schlecht, 23 Prozent geben an, chronisch krank zu sein (9 und
12 Prozent in der PKV). GKV-Versicherte haben also nicht nur weniger
finanziellen Spielraum, sie haben auch aus gesundheitlichen Gründen oft nicht
die Möglichkeit, weniger Leistungen in Anspruch zu nehmen.
Doch selbst
die gegenwärtig diskutierten Reformvorschläge, die sich auf alle Versicherten
aus GKV und PKV beziehen, würden allein zu kurz greifen. Aus Sicht der
Bertelsmann Stiftung müssen verstärkt auch Steuerungsoptionen auf der
Leistungsanbieterseite in die Überlegungen einbezogen werden. Erste Ergebnisse
aus internationalen Versuchen wie den kalifornischen "Pay for Performance"
(Geld folgt Leistung)-Programmen weisen den richtigen Weg. Bei dieser
leistungsorientierten Vergütung erhalten Ärzte Bonuszahlungen für das Erreichen
bestimmter Qualitätsziele, die Anwendung standardisierter Behandlungs- und
Dokumentationsverfahren, für hohe Patientenzufriedenheit sowie die Durchführung
von Präventionsmaßnahmen oder Investitionen in neue Informationstechnologien.
Dass es in der aktuellen Debatte nicht nur um das Geld geht, zeigen die
derzeitigen Ärztestreiks in Deutschland. "Themen wie Arbeitszeiten,
Arbeitsbedingungen und Freizeitausgleich gewinnen an Bedeutung. Zukünftig
werden auch ethische Aspekte und die Frage des Selbstverständnis der Ärzte im
Verhältnis zu anderen Gesundheitsprofessionen die Versorgung weit mehr
verändern als das Drehen an der Finanzschraube", so Böcken. Ein wirklich
visionärer Reformentwurf würde diese Themen schon heute einbeziehen.
Der
Gesundheitsmonitor der Bertelsmann Stiftung befragt repräsentativ zweimal
jährlich die Bevölkerung und einmal im Jahr Ärzte zu aktuellen Themen des
deutschen Gesundheitswesens. Bislang wurden rund 12.000 Versicherte und 2.000
Ärzte befragt
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.