Mindestlohn: Union und SPD wollen auch das Los entscheiden lassen
Archivmeldung vom 18.11.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales von Union und SPD hat sich nach Informationen der "Welt" auf die Gestalt der Kommission geeinigt, die den Mindestlohn in Deutschland festlegen soll. Demnach soll die Kommission aus je drei Gewerkschaftern und Arbeitergebervertretern zusammengesetzt sein. Dazu können die Gruppen je einen Wissenschaftler berufen, der beratende Funktion hat. Der Vorsitzende soll aus der Runde der sechs bestimmt werden. Kommt es zu keiner Einigung, entscheidet das Los.
Wie die "Welt" aus Koalitionskreisen erfuhr, wollte die SPD ursprünglich das Bundesarbeitsministerium mit der Entscheidung für einen Vorsitzenden betrauen. Dies lehnte die Union als Einmischung der Politik ab. Man verständigte sich dann auf die von der Union vorgeschlagene Los-Lösung. Die Union rückte ihrerseits von der Forderung nach einer größeren Kommission ab. Sie wollte je sieben Mitglieder von Arbeitgebern und Gewerkschaften. Eine Einigung über die Höhe des ersten Mindestlohns steht indes noch aus. Dieser Streitpunkt wurde von der Arbeitsgruppe bewusst ausgespart. Ob er von der Politik oder einer anderen Institution festgelegt wird, wird wohl erst von den Parteivorsitzenden geklärt.
Union will Mindestlohn frühestens 2016
Der von der SPD geforderte gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde soll nach dem Willen der Union frühestens im Jahr 2016 in Kraft treten. Den Betrieben müsse ausreichend Zeit für die Anpassungen gegeben werden, sagte ein Verhandlungsführer der Union der "Rheinischen Post". Bedingung der Union sei außerdem, dass eine Kommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern Ausnahmen für bestimmte Branchen und Regionen erarbeiten könne. Die Unterhändler von Union und SPD in der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales haben sich nach Informationen der Zeitung aus Teilnehmerkreisen auf die Grundzüge der Kommission verständigt. Demnach soll die Mindestlohn-Kommission nach dem Vorbild der britischen "Low pay"-Kommission paritätisch aus je drei Arbeitnehmervertretern und Arbeitgebervertretern besetzt werden. Zusätzlich könne jede Seite einen Wissenschaftler benennen, hieß es. Den Vorsitz soll ein Mitglied der Kommission übernehmen. Diese Person müsse einstimmig gewählt werden. Wann der Mindestlohn von 8,50 Euro Gesetzeskraft erlangen soll, müssten die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) entscheiden, hieß es in der Arbeitsgruppe.
Institut der Arbeitsagentur: Mindestlohn kostet Jobs
Bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro erwartet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Arbeitsplatzverluste. "Es wird mit Sicherheit keine Million sein", erklärt IAB-Vizedirektor Ulrich Walwei am Montag, 18. November 2013, 19.25 Uhr, im ZDF-Verbrauchermagazin "WISO". Das IAB ist das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit.
Ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro zum Einstieg ist laut Walwei zu hoch. Das führe zu einem Verlust von Arbeitsplätzen. Nicht nur Ostdeutschland sei davon betroffen. Auch bundesweit drohe in bestimmten Branchen wie Handel und Gastgewerbe ein Rückgang der Beschäftigtenzahlen. Walwei rät deshalb, mit einem niedrigeren Lohnniveau einzusteigen und sich dann schrittweise einer Lohnhöhe von 8,50 Euro zu nähern.
Das Thema Mindestlohn ist eines der Streitthemen in den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD. Eine Entscheidung darüber ist bisher nicht gefallen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur / ZDF (ots)