Für Lärm bei Kundgebung droht Gefängnisstrafe
Archivmeldung vom 28.01.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMaria Baljabina berichtet in einem heute auf Radio "Stimme Russlands" erschienenen Bericht: "Berlin verfolgt aufmerksam das Geschehen in der Ukraine und reagiert unverzüglich auf beliebige Aktivitäten der dortigen Behörden, indem es ihnen mit Sanktionen droht und aufruft, sich zurückzuhalten. Inzwischen schützen sich die ukrainischen Sicherheitskräfte auch weiter mit ihren Schilden vor den gegen sie geschleuderten Steinen und Brandflaschen, ohne einen Angriffsbefehl zu erhalten. Und das, wo die Handlungen der Protestler bereits als extremistisch anerkannt wurden. Um zu verstehen, was in diesem Fall die Kämpfer der Sondereinheit Berkut und die Milizionäre tun könnten, wollen wir uns der Erfahrung Deutschlands zuwenden."
Baljabina weiter: "Die geltende Gesetzgebung gewährt der deutschen Polizei breite Rechte beim Auseinandertreiben von Demonstrationen. Die Ordnungshüter können Gummiknüppel, Tränengas, Wasserwerfer und Schusswaffen einsetzen. Zu einer Kundgebung in Deutschland dürfen die Teilnehmer nicht in Maske und Schutzhelm erscheinen, sie dürfen keinerlei Waffen oder etwas bei sich tragen, was anderen Menschen oder materiellen Werten Schaden zufügen könnte. Wird dem zuwider gehandelt, werden nicht nur weitere Demonstrationen verboten, sondern es droht auch eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Gesetzlich verfolgt werden auch „grobe Störungen“ bei Demonstrationen, zum Beispiel lautes Skandieren von Losungen und laute Musik.
Offenbar scheinen die deutschen Behörden die Molotow-Cocktails und auch die Pflastersteine, die gegen die Berkut-Kämpfer geschleudert wurden, weder als Massenunruhen noch als Schadenzufügen oder als Störung zu betrachten. Dagegen soll eine Kundgebung von Umweltschützern, das im Herbst 2010 in Stuttgart stattfand, dem Land, wie die Behörden meinten, einen nicht wiedergutzumachenden Schaden zugefügt haben. Die Demonstranten, die gegen die Abholzung eines Waldes und den Bau eines neuen Bahnhofs protestierten, sollen die Polizei mit Steinen beworfen haben. Die Sicherheitskräfte setzten daraufhin Tränengas und Wasserwerfer ein. Ein Demonstrant wurde von einem Wasserstrahl ins Gesicht getroffen und verlor sein Augenlicht. Bei diesen Zusammenstößen wurden insgesamt etwa 400 Menschen verletzt. Die Gewerkschaften und die Opposition beschuldigten die Behörden, nicht verhältnismäßige Maßnahmen getroffen zu haben.
Ein Jahr später erlebte Deutschland eine Welle von Meetings. Die amerikanische Occupy-Bewegung hat auf das Land übergegriffen. Erfasst wurden Großstädte wie München, Frankfurt, Hannover, Berlin. Demonstranten blockierten Banken und Börsen, errichteten Zeltlager auf den Straßen und protestierten gegen die soziale Ungleichheit. Der deutsche Politologe Alexander Rahr bezeichnete damals die Unzufriedenheit mit den Aktivitäten der Regierung als die Triebkraft des Protests:
„In der Mehrheit sind es junge Leute, sie gehen auf die Straße, weil sie sich verloren fühlen: sie verstehen, dass die Regierung nichts für sie tut, die Schulden wachsen, die Probleme wird dann ihre Generation auslöffeln müssen, und sie sehen für sich keine Perspektive, jenes gute Leben fortzusetzen, das ihre Eltern geführt haben. Das ist ein Protest der Verzweiflung.“
Die Politiker bemerkten, dass man mit den Demonstranten einen Dialog führen müsse. Aber als sie einen Ausweg aus der Krise suchten und nicht wussten, was sie den Protestierenden sagen sollten, da waren es die Sicherheitskräfte, die mit diesen Leuten in Kontakt traten. Und schon bald nach dem Beginn der Demonstrationen wurden die Zeltlager abgerissen und die Protestierenden wurden mit Tränengas, Wasserwerfern, Gummiknüppeln und Gummikugeln auseinander getrieben.
Zwei Jahre später überschüttete die deutsche Regierung die ukrainischen Sicherheitskräfte, die versuchten, die radikal gestimmten Teilnehmer des Euromaidans aus den besetzten Straßen zu verdrängen, mit Beschuldigungen. Unter all diesen Erklärungen blieb die im Dezember in Hamburg veranstaltete Demonstration gegen den Abriss des Kulturzentrums Rote Flora unbemerkt. Damals waren Hunderte Einwohner zum sanktionierten Meeting gekommen, das sehr schnell in eine richtige Schlacht mit der Polizei ausartete. Und das nur, weil die Behörden eine derart hohe Zahl von Teilnehmern nicht erwartet hätten, bemerkte ein Polizist.
Dieser Tag wurde in der deutschen Presse als „schwarzer Donnerstag“ bezeichnet. Die Polizei nahm damals mehr als 120 Teilnehmer fest. Die europäische Öffentlichkeit schenkte diesem Geschehen aber keine besondere Aufmerksamkeit, denn alle Blicke richteten sich auf die deutschen Politiker, die zu jener Zeit aktiv die Protestbewegung auf dem Kiewer Maidan anheizten."
Quelle: Text Maria Baljabina - „Stimme Russlands"