CSU: Verlust der absoluten Mehrheit nicht mehr auszuschließen
Archivmeldung vom 19.09.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGut eine Woche vor der Landtagswahl in Bayern sind sich viele Wähler ihrer Entscheidung noch sehr unsicher. So wissen 49 Prozent aller Wahlberechtigten noch nicht, ob und wen sie wählen wollen.
Die Ursachen dafür liegen in der seit Jahren zurückgehenden Bindung großer Teile der Wählerschaften an einzelne Parteien. Gleichzeitig erscheinen die Parteien den Wählern immer weniger unterscheidbar. Die Wahlentscheidung fällt dabei immer später in einem Wahlkampf. Diese Entwicklung hat inzwischen auch Bayern erreicht, wo die ehemals stabilen Strukturen zugunsten der CSU in Folge des Führungswechsels erschüttert wurden.
Die folgenden Projektionswerte geben deshalb lediglich die Situation für die Parteien in dieser Woche wieder und stellen keine Prognose für den Wahlausgang am 28. September 2008 dar, weil Effekte der abschließenden Mobilisierung in der entscheidenden Woche vor der Wahl nicht berücksichtigt sein können.
Projektion: Momentan zeichnen sich für die CSU deutliche Stimmenverluste im Vergleich zu 2003 ab, ohne dass die SPD davon profitieren kann. Jetzt erhielte die CSU 47 Prozent, die SPD 20 Prozent, die Grünen kämen auf 8 Prozent, die FDP auf 9 Prozent und die Freien Wähler haben mit aktuell 8 Prozent ebenfalls eine gute Chance auf einen Einzug in den bayerischen Landtag. Die sonstigen Parteien erreichten zusammen 8 Prozent, darunter die Linke mit 4 Prozent. (Wahlergebnis 2003: CSU: 60,7 Prozent, SPD: 19,6 Prozent, Grüne: 7,7 Prozent, FDP: 2,6 Prozent, Freie Wähler 4,0, Sonstige: 5,4 Prozent).
Unter Berücksichtigung der unvermeidlichen statistischen Fehlerbereiche einer Umfrage (+/-3 Prozentpunkte bei der CSU) wäre damit nicht in jedem Fall eine absolute Mehrheit der Mandate für die CSU gesichert.
Kennzeichnend für die momentane politische Lage in Bayern ist die Tatsache, dass im Vergleich zu 2003 nur relativ geringfügige Verschiebungen zwischen den politischen Lagern zu erkennen sind. Von den starken Verlusten der CSU profitieren fast ausschließlich die FDP und die Freien Wähler, ohne dass die SPD, die das letzte Mal ihr mit Abstand schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl in Bayern erzielt hatte, dadurch zulegen kann.
Bei der Frage nach dem gewünschten Ministerpräsidenten spricht sich mit 54 Prozent eine klare Mehrheit der Befragten für den Amtsinhaber Günther Beckstein aus. Den zum zweiten Mal antretenden SPD-Herausforderer Franz Maget ziehen nur 24 Prozent vor und 9 Prozent wollen ausdrücklich keinen von beiden (weiß nicht/kenne nicht: 13 Prozent). Ende Juli hatten sich noch 60 Prozent für Günther Beckstein ausgesprochen und 19 Prozent für Franz Maget. Bei der Einstufung auf der +5/-5-Skala liegt Beckstein mit einem Durchschnittswert von 1,0 klar vor Maget, der mit 0,4 beurteilt wird. Dabei kommt Günther Beckstein in den eigenen Reihen auf einen Wert von 2,4, Franz Maget wird von den SPD-Anhängern mit 2,1 beurteilt.
Die Zufriedenheit mit der CSU-Staatsregierung ist im Vergleich zur letzten Landtagswahl sehr deutlich zurückgegangen. Vor der Wahl 2003 wurde die Arbeit der CSU in der Regierung mit 1,8 bewertet, jetzt nur noch mit 0,7. Die Oppositionsparteien konnten davon jedoch nicht profitieren. Für ihre Arbeit im Landtag erhalten sowohl die SPD (minus 0,5; 2003: minus 0,2) als auch die Grünen (minus 0,7; 2003: minus 0,6) weiterhin Werte im deutlich negativen Bereich.
Bei den ökonomischen Problemen wird der CSU wesentlich mehr zugetraut als der SPD. Im Bereich Arbeitsmarkt sehen 49 Prozent die größere Kompetenz bei der CSU, nur 16 Prozent trauen die Schaffung neuer Arbeitsplätze eher der SPD zu, keine Partei sagen 16 Prozent (weiß nicht: 13 Prozent). Noch deutlicher führt die CSU bei der Wirtschaftskompetenz mit 52 Prozent vor der SPD mit nur 9 Prozent. (keine Partei: 22 Prozent; weiß nicht: 12 Prozent). Beim aktuell wichtigsten Thema in Bayern, der Schul- und Bildungspolitik, verringert sich der Kompetenzvorsprung der CSU allerdings merklich: 32 Prozent halten die CSU hier für kompetent, 26 Prozent die SPD (keine Partei: 10 Prozent; weiß nicht: 19 Prozent).
Die Umfragen zu diesem Politbarometer Extra wurden von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 16. bis 18. September 2008 unter 1.105 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Bayern. Die Fehlertoleranz beträgt bei einem Parteianteil von 50 Prozent 3,0 Prozentpunkte, bei einem Parteianteil von 7 Prozent 1,5 Prozentpunkte.
Quelle: ZDF