Strafrechtler hält SPD-Vorstöße zur Sicherheit für rechtlich problematisch
Archivmeldung vom 20.01.2017
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittTobias Singelnstein, Juniorprofessor für Strafrecht an der Freien Universität Berlin, sagte im Interview mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung »neues deutschland« (Wochenendausgabe), die Vorschläge des Berliner Innensenators Andreas Geisel (SPD) zum Umgang mit Gefährdern halte er für rechtlich »sehr problematisch«: »Tiefgreifende Grundrechtseingriffe wie die Einschränkung der Bewegungsfreiheit können nicht auf solch unbestimmte und weitreichende Kategorien gestützt werden.«
Geisels Vorstoß, die Videoüberwachung auf »kriminalitätsbelastete Orte« auszuweiten, halte er zudem für »symbolischen Aktionismus«. Damit begebe sich die Politik in eine »verhängnisvolle Spirale«: Nach einem Ereignis werden sehr schnell Maßnahmen ergriffen, dabei übersehe die Politik, dass sie damit die Ängste in der Bevölkerung anheize. Die rot-rot grüne Koalition hatte am Montag vergangener Woche nach hitziger Debatte ein Sicherheitspaket beschlossen, das Videoüberwachung von Orten und Ereignissen nur temporär und anlassbezogen zulässt, wie es bereits jetzt möglich ist. Die Koalition hatte jedoch betont, dass sie nur drei Wochen nach dem Anschlag ein solches Maßnahmenpaket vorlege. Singelnstein kritisierte, dass selbst Grüne und LINKE Verschärfungen fordern. »Eine alternative Politik der Inneren Sicherheit müsste die Prämisse hinterfragen, dass es ein permanentes Sicherheitsproblem gibt, das durch Verschärfungen zu lösen ist. Dazu gehört auch zu sagen, dass wir in einer der sichersten Gesellschaften leben, die es jemals gegeben hat.«
Zudem nannte er die AfD-Forderung nach ethnischem Profiling »grundgesetzwidrig«. Er verwies auf Forschungen in den USA und Großbritannien, die ergeben, dass Racial Profiling nicht nur stigmatisierend sei, sondern in der Praxis nichts bringe: »weil Kriminalität eben nichts mit Abstammung oder Herkunft zu tun hat, sondern mit sozialen Umständen«, so Singelnstein. Die AfD will, dass beispielsweise Sinti und Roma in der Polizeistatistik extra ausgewiesen werden.
Quelle: neues deutschland (ots)