Grüne: Gysi war aufs allerengste mit dem DDR-Regime verstrickt
Archivmeldung vom 23.05.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm neuerlichen Streit um die DDR-Vergangenheit von Linken-Fraktionschef Gregor Gysi haben die Grünen der Linkspartei Heuchelei und Unehrlichkeit vorgeworfen.
"Ich glaube, dass Gysi aufs allerengste mit dem DDR-Regime verstrickt war und dazu nie eine ehrliche Aufarbeitung und Bewertung vorgenommen hat", sagte die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke, dem Berliner "Tagesspiegel" (Freitagsausgabe). Gysi hatte kurzfristig seine Berufung gegen die Herausgabe von Stasi-Akten über seinen ehemaligen Mandanten Robert Havemann, zurückgezogen - nachdem das Gericht für den Prozess einen neuen Zeugen zum Verhältnis Gysis zur DDR-Staatssicherheit geladen hatte.
Auch die Fraktionschefin der sächsischen Grünen, Antje Hermenau, findet Gysis juristischen Rückzieher bezeichnend. "Irgendwann kommt die Wahrheit ans Licht", sagte sie dem "Tagesspiegel". Gysis Einlenken zeige, dass nichts dran sei an dem "schönen Bild einer neuen Linken", das die Partei so gerne von sich zeichne. "Es ist der alte Laden", sagte Hermenau. Der "Persilschein", den Gysi von Lafontaine erhalten habe, um diesem im Westen den Weg zur Macht zu ebnen, sei nun nichts mehr wert. Gysis Vergangenheit werde dem früheren SPD-Chef alles "verhageln", prophezeite Hermenau, "die SPD-Kräfte, die immer vor Rot-Rot gewarnt haben, werden gestärkt".
Angesichts des bevorstehenden 20. Jahrestages des Mauerfalls und der Tatsache, dass ehemalige Stasi-Offiziere zunehmend versuchten, die DDR-Geschichte umzuinterpretieren, müsse die Linke "ihren Umgang mit der DDR-Vergangenheit neu und kritischer bewerten", forderte Lemke, die sich im Immunitätsausschuss des Bundestages bis 2002 auch mit Gysis Biografie beschäftigt hat. Sie sehe das "deutliche Bestreben der Linken, mit ihrer Westausrichtung die dunklen Seiten der Ost-Partei möglichst weit ins Vergessen zu rücken". Gleichzeitig würden die Versuche früherer Stasi-Offiziere, ihre Vergangenheit schönzufärben und gegen die Erinnerung in Gedenkstätten vorzugehen, von der Bundespartei "teilweise gedeckt".
Quelle: Der Tagesspiegel