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Neue Form von Lobbyismus

Archivmeldung vom 19.10.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.10.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

In der Bundesregierung gibt es in den Ministerien zahlreiche Mitarbeiter, die gleichzeitig bezahlte Angestellte deutscher Wirtschaftsunternehmen sind. Das berichtet das ARD-Magazin MONITOR in seiner heutigen Ausgabe.

Im Bundesfinanzministerium - so die von der Bundesregierung bestätigten MONITOR-Recherchen - arbeiten derzeit ein Manager der Nordbank GmbH sowie ein Mitarbeiter der Deutschen Börse AG. Ein von der DaimlerChrysler AG bezahlter Mitarbeiter sowie ein Angestellter des Chemiekonzerns Lanxess AG waren bis vor kurzem im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie beschäftigt. Das Ministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen bestätigte auf MONITOR-Anfrage, einen von der Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens, der Fraport AG, bezahlten Mitarbeiter sowie einen von der Deutschen Bauindustrie bezahlten Angestellten zurzeit zu beschäftigen oder in jüngster Zeit beschäftigt zu haben. Laut MONITOR-Recherchen gibt es in Bundesministerien über 30 solcher Fälle in den letzten vier Jahren.
Die Bundesregierung spricht offiziell von einem "Personalaustauschprogramm", das keine Interessenskollisionen mit sich bringe. Auf Anfrage konnte MONITOR derzeit aber kein Beamter genannt werden, der an dem Austauschprogramm teilnimmt. Die von der Privatwirtschaft bezahlten Mitarbeiter in den Ministerien seien "von großer Bedeutung", arbeiteten an "aktuellen Themenstellungen" mit, würden "Entscheidungen unterstützen" sowie "Grundsatzfragen bearbeiten".
Der Verwaltungsrechtler Hans Herbert von Arnim gegenüber MONITOR: "Das ist für mich etwas ganz Neues und Überraschendes. Die Betreffenden sind zwar in die Ministerien eingegliedert, ihre Loyalität gehört aber denen aus der Wirtschaft, die sie bezahlen. Die tun das, weil sie sich davon die Förderung ihrer Interessen und die bevorzugte Information versprechen. Das ist eine besonders gefährliche Form des Lobbyismus." Über fast alle Parteigrenzen hinweg äußern sich Abgeordnete in MONITOR kritisch. Wolfgang Thierse, Bundestagsvizepräsident, SPD, zu dieser Verquickung von Industrie und Bundesregierung: "Lobbyismus ist nicht unanständig, er wird dann unanständig, wenn er im Verborgenen stattfindet und wenn Einflussnahme auf den öffentlichen Gesetzgeber mit Geld verbunden ist."

Quelle: Pressemitteilung WDR

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