Niedersachsens Ministerpräsident Weil lehnt Strompreisbremse ab
Archivmeldung vom 20.03.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittKurz vor dem Energiegipfel der Länderchefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil die geplante "Strompreisbremse" rundweg abgelehnt. "Es ist Stückwerk, was die Bundesregierung in Sachen Energiepolitik präsentiert", sagte der SPD-Politiker der "Süddeutschen Zeitung". Die Vorschläge, die Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler gemacht hätten, verunsicherten Investoren und Industrie und könnten einen "immensen Kollateralschaden" auslösen.
Hintergrund sind Pläne, die Ökostrom-Umlage durch Einschnitte bei erneuerbaren Energien und Industrie-Privilegien zu stabilisieren. Zwar sei eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nötig, sagte Weil. "Aber das geht nicht als Sponti-Aktion."
Alternativ schlug Weil eine Senkung der Stromsteuer um 25 Prozent vor. Die Steuer beträgt bislang 2,05 Cent je Kilowattstunde. "So kämen wir auf einen ähnlichen Effekt wie die Bundesregierung, und das ohne Flurschaden." Verbraucher würden so um 1,8 Milliarden Euro entlastet, warb der Ministerpräsident, der seit genau einem Monat im Amt ist. Er habe auch wenig Zweifel, dass Stromanbieter die gesunkene Steuer an ihre Kunden weitergeben. "Allen ist klar, dass sie Vertrauen bei Kunden gutmachen müssen", so Weil. "In Vergleichsportalen im Internet würde sich schnell herumsprechen, wenn das nicht weitergegeben würde."
Verband: ÖPNV-Tickets werden durch Strompreisbremse "mindestens drei Prozent teurer"
Die von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) zur Entlastung der Verbraucher gedachte Strompreisbremse wird unterm Strich zur drastischen Mehrbelastung bei den Bürgern führen: Zur Finanzierung der Strompreisbremse will Altmaier der Bahn im ÖPNV die Ausnahme bei der EEG-Umlage streichen. "Das führt zu jährlichen Mehrbelastungen von rund 230 Millionen Euro im ÖPNV. Praktisch hätte das eine Ticketpreissteigerung von mindestens drei Prozent zur Folge", sagte Jürgen Fenske, Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen, gegenüber der "Leipziger Volkszeitung". Es sei ein "umweltpolitischer Sündenfall", der ausgerechnet jene träfe, die aktive Klimaschützer seien. Kunden würden damit zurück zum Auto und der Güterverkehr zurück auf den Lkw getrieben. Eine Familie müsste rund zehn Mal mehr für teurere ÖPNV-Tickets ausgeben als eine Familie jährlich durch die Altmaiers Strompreisbremse einspare. FDP-Generalsekretär Patrick Döring verteidigte den Wegfall von Ausnahmen bei der EEG-Umlage in Bereichen außerhalb des internationalen Wettbewerbs. Er erwarte jetzt aber, dass der Bundesumweltminister "anerkennt, dass der Schienenverkehr einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leistet". In deutlicher Distanz zu Altmaier sagte Döring der Zeitung: "Wir wollen für den Schienenverkehr eine Lösung finden, die dessen ökologischer Bedeutung gerecht wird und nicht zu Verkehrsverlagerungen von der Schiene auf die Straße führt." I
m Gegensatz zu Döring verteidigte Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs den Altmaier-Plan: "Alles, was nicht direkt im internationalen Wettbewerb steht muss weg bei den Ausnahmen." Bärbel Höhn, Grünen-Fraktionsvize im Bundestag, sprach von einem "Stück aus dem Tollhaus". Bei der EEG-Gestaltung sei die Bahn wegen ihrer klimapolitischen Wirkung von der Umlage befreit worden. "Was Altmaier jetzt will, ist klimapolitisch völlig verkehrt" und es sei unfair, "die Kosten einer undurchdachten Strompreisbremse einseitig den Verbrauchern aufzuladen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur