Wirtschaftsweise kritisiert Rentenpolitik als "verantwortunglos"
Die Vorsitzende des Sachverständigenrats Wirtschaft, Monika Schnitzer, prangert mangelnde Reformbereitschaft der Parteien bei der Rente an. "Es ist wirklich enttäuschend, dass sich niemand an eine große Rentenreform herantraut. Offensichtlich wollen die Parteien die Wahl nicht bei den Rentnern verlieren", sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
"Aber die Augen so zu verschließen vor der Notwendigkeit, das Rentensystem zu sichern, ist schon verantwortungslos."
Um
allzu starke Beitragsanhebungen zu verhindern, "muss man dafür sorgen,
dass die Leute länger arbeiten und die Renten nicht so stark ansteigen
wie bisher". Eine Rentenreform müsse in das 100-Tage-Progamm jeder neuen
Regierung.
Konkret forderte Schnitzer eine Koppelung des
Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung. "Für jedes zusätzliche
Lebensjahr sollten die Menschen in Deutschland acht Monate mehr arbeiten
und vier Monate mehr Rente bekommen", sagte die Ökonomin, die sich
zudem für eine Abschaffung der Rente mit 63 aussprach. Die
abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren werde "von Leuten in
Anspruch genommen, die durchschnittlich verdienen und
überdurchschnittlich gesund sind - und die nur deswegen aufhören zu
arbeiten, weil man es ihnen attraktiv macht".
Darüber hinaus
verlangte Schnitzer eine Verdoppelung der Abschläge, wenn Menschen
vorzeitig in Rente gehen. Und sie forderte eine Begrenzung der
Rentenzuwächse. "Wir können die Renten nicht mehr so stark steigen
lassen wie die Löhne", sagte die Wirtschaftsweise. "Eine Möglichkeit
wäre, die Rentenzuwächse an die Inflationsentwicklung zu koppeln. Damit
bleiben die Renten real stabil."
Schnitzer zeigte sich enttäuscht
von den Wahlprogrammen der Parteien und kritisierte besonders die
Union. "Ich bedauere, dass Veränderungen beim Renteneintrittsalter von
SPD und Union gleichermaßen ausgeschlossen werden. Das bedeutet nichts
anderes als massiv steigende Beiträge, die man der jungen Generation
nicht zumuten sollte", sagte sie. "Dass die SPD bei der Rente nicht
vorprescht, war zu erwarten. Aber dass die Union schon vor den
Koalitionsverhandlungen einknickt, macht mich etwas ratlos."
Quelle: dts Nachrichtenagentur