Glaser: Union droht bei Wahlrechtsreform Kontrollverlust
Archivmeldung vom 30.06.2020
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.06.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttAm heutigen Dienstagabend wird die Union über drei verschiedene Modelle der Reform des Bundeswahlrechts beraten, obwohl die Frist für die rechtzeitige Verabschiedung einer Reform vor der nächsten Wahl 2021 bereits seit dem 25. März dieses Jahres abgelaufen ist.
Hierzu teilt der Beauftragter der AfD-Fraktion in der Arbeitsgruppe Wahlrechtsreform, Albrecht Glaser, mit: "Das Thema des Bundestagswahlrechts scheint erneut brandaktuell zu sein. Da die drei kleinen Parteien - FDP, Bündnis90/Die Grünen und die Linke - ihren Wahlrechtsreformvorschlag am Freitag im Bundestag zur Abstimmung stellen, besteht das Risiko, dass insbesondere einzelne SPD-Abgeordnete aus der handlungsunfähigen Koalition aussteigen und diesem Vorschlag zustimmen. Die Union fürchtet, dass sie die Kontrolle über das Projekt verliert.
Das vom Vorsitzenden der Unionsfraktion, Ralph Brinkhaus, zuletzt ins Spiel gebrachte Modell ist ein Produkt aus dem Tollhaus und wird zu Recht von Abgeordneten der Union selbst als 'schlechtester aller denkbaren Vorschläge' kritisiert. Dies jedoch nicht, weil ein Kappungsmodell verfassungswidrig sei - wie fälschlich behauptet wird -, sondern weil es den Bundestag sogar weiter auf 750 Sitze vergrößern würde.
Die AfD-Fraktion hat in die parlamentarische Arbeitsgruppe zur Wahlrechtsreform 2018 ein ausgereiftes und parteipolitisch neutrales Kappungs-Modell eingebracht. Dieses sieht vor, innerhalb des Kreises der Direktkandidaten einer Partei eine Reihung zu bilden, die sich nach der Prozentzahl der im jeweiligen Wahlkreis errungenen Erststimmen richtet. Diejenigen Direktbewerber, die die relativ schlechtesten Stimmergebnisse erzielt haben, gelten als nicht in ihrem Wahlkreis gewählt und kommen damit nicht zum Zug. Zum Zug kommen nur so viele Direktkandidaten, wie es dem Proporz der Zweitstimmen ihrer jeweiligen Partei im betreffenden Bundesland entspricht.
Daraus entsteht die Folge, dass keinerlei Überhang- und mithin auch keine Ausgleichsmandate mehr produziert werden. Dass es in Zukunft aber auch einzelne Wahlkreise geben wird, die keinen Direktkandidaten in den Bundestag entsenden, ist hinzunehmen, weil dieser Nachteil dadurch überkompensiert wird, dass sowohl die Verkleinerung des Parlaments als auch die vorab exakt bestimmbare Zahl der Abgeordneten vollständig erreicht werden kann. Bei diesen Direktbewerbern, die die neu einzuführende zusätzliche Hürde für die Erringung eines Mandats zukünftig nicht mehr erfüllen werden, handelt es sich um Kandidaten, die typischerweise bisher mit Zustimmungsraten von nur knapp über 20 Prozent in den Deutschen Bundestag eingezogen sind. Diesen Preis zu zahlen, ist für die Wiederherstellung einer grundgesetzkonformen Demokratie angemessen."
Quelle: AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag (ots)