ZDF-Politbarometer Oktober III 2005 / 91 Prozent rechnen mit Erhöhung der Mehrwertsteuer
Archivmeldung vom 28.10.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.10.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt91 Prozent der Bundesbürger glauben, dass die geplante große Koalition die Mehrwertsteuer erhöhen wird, lediglich 7 Prozent erwarten das nicht (weiß nicht: 2 Prozent). Mehrheitlich (59 Prozent) sind die Bürger jedoch mit einer Mehrwertsteuererhöhung nicht einverstanden, lediglich 40 Prozent halten eine solche Maßnahme für richtig.
In dieser Frage gibt es allerdings sehr deutliche
Unterschiede zwischen den verschiedenen Parteilagern: Während die
Anhänger der Union (58 Prozent) und die der FDP (53 Prozent) mit
einer Erhöhung mehrheitlich einverstanden sind, sind die Befürworter
dieser Steuererhöhung bei den SPD-Anhängern (33 Prozent), bei den
Anhängern der Grünen (32 Prozent) und bei denen der Linkspartei.PDS
(22 Prozent) klar in der Minderheit. Wenn es zu einer
Mehrwertsteuererhöhung kommt, dann sollen nach dem Willen von 60
Prozent der Befragten die dadurch vereinnahmten Mittel hauptsächlich
zum Stopfen der Haushaltslöcher benutzt werden. Nur 32 Prozent
sprechen sich primär für eine Verwendung zur Senkung der
Arbeitslosenbeiträge aus (weiß nicht: 8 Prozent).
Bei den Koalitionsverhandlungen wollen CDU/CSU und SPD zur Sanierung
des Haushalts im nächsten Jahr 35 Milliarden Euro einsparen. Auch
wenn noch unklar ist, wie dies genau erfolgen soll, ist eine sehr
deutliche Mehrheit von 75 Prozent der Auffassung, dass die
Haushaltslöcher hauptsächlich durch Ausgabenkürzungen gestopft werden
sollen. Lediglich 13 Prozent plädieren in erster Linie für
Steuererhöhungen und 4 Prozent wollen vor allem zusätzliche Schulden
machen (weiß nicht: 8 Prozent).
Von fünf abgefragten Kürzungsvorschlägen findet mit 66 Prozent der
Abbau der Kohlesubventionen die deutlichste Unterstützung, 60
Prozent sind für Kürzungen bei der Eigenheimzulage, 33 Prozent für
Kürzungen bei der Entfernungspauschale, ebenso viele unterstützen
eine Kürzung der Steuerfreiheit von Nacht-, Sonntags- und
Feiertagszuschlägen und 30 Prozent wollen Kürzungen bei der
Arbeitslosenunterstützung.
Auch in der Rentenversicherung gibt es finanzielle Probleme. So ist
auch für das nächste Jahr eine weitere Nullrunde für die Rentner
geplant. Dies finden 40 Prozent richtig und 57 Prozent nicht richtig
(Rentner: 67 Prozent nicht richtig). Wenn in den nächsten Jahren die
bisherigen Einnahmen nicht ausreichen, um die Renten auf dem
heutigen Niveau zu halten, dann sollen dafür nach Meinung von 23
Prozent der Befragten die Beiträge zur Rentenversicherung erhöht
werden und nach Meinung von 63 Prozent zusätzliche Steuermittel für
die Rentenzahlungen eingesetzt werden (weiß nicht: 14 Prozent).
Im Vergleich zum Politbarometer vor zwei Wochen hat sich wenig für
die Parteien geändert. In der politischen Stimmung kommt die CDU/CSU
jetzt auf 40 Prozent (minus 1), die SPD erreicht unverändert 36
Prozent, die FDP 8 Prozent (plus 1), die Linkspartei.PDS unverändert
7 Prozent und die Grünen können sich leicht auf 8 Prozent (plus 1)
verbessern.
Wenn schon am nächsten Sonntag wieder Bundestagswahl wäre, würden
längerfristige Überzeugungen und Bindungen an die Parteien eine
größere Rolle spielen. Dies berücksichtigt die Politbarometer-
Projektion: Die CDU/CSU käme danach auf 37 Prozent (minus 1), die SPD
auf 35 Prozent (unverändert), die FDP auf 9 Prozent (plus 1), die
Linkspartei.PDS auf 8 Prozent (unverändert) und die Grünen auf 8
Prozent (plus 1). Die sonstigen Parteien zusammen erhielten 3 Prozent
(minus 1). Damit hätte auch jetzt weder eine Koalition aus CDU/CSU
und FDP noch eine Koalition aus SPD und Grünen eine parlamentarische
Mehrheit.
Bei der Beurteilung der zehn wichtigsten Politiker und
Politikerinnen liegt Christian Wulff weiterhin auf Platz eins, mit
einem etwas verschlechterten Durchschnittswert von 1,8 (Okt. II: 1,9)
auf der Skala von minus fünf bis plus fünf. Danach Friedrich Merz mit
unveränderten 1,6, gefolgt von Joschka Fischer mit jetzt 1,3 (Okt.
II: 1,5). Dann Angela Merkel mit nur noch 1,0 (Okt. II: 1,3) vor
Franz Müntefering mit 0,9 (Okt. II: 0,8). Einen Platz verloren hat
Gerhard Schröder mit 0,7 (Okt. II: 1,0). Verluste auch für Roland
Koch mit 0,2 (Okt. II: 0,4) vor Guido Westerwelle, der ein weiteres
Mal verliert: 0,1 (Okt. II: 0,3). Regelrecht abgestürzt ist Edmund
Stoiber, der jetzt nur noch auf minus 0,8 kommt (Okt. II: minus 0,1).
Auch bei den CDU/CSU-Anhängern erreicht Stoiber mit 1,1 nur einen
sehr bescheidenen Wert. Am Schluss Gregor Gysi mit unveränderten
minus 1,0.
Diese negative Bewertung von Edmund Stoiber beruht auch auf einem
nicht als solidarisch wahrgenommenen Verhältnis zu Angela Merkel: So
meinen lediglich 47 Prozent, dass Stoiber als Kabinettsmitglied in
wichtigen politischen Fragen voll hinter Merkel stehen würde, und 49
Prozent vermuten das Gegenteil.
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer
Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der
Zeit vom 25. bis 27. Oktober 2005 bei 1269 zufällig ausgewählten
Wahlberechtigten telefonisch geführt. Die Befragung ist
repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in ganz
Deutschland. Die Fehlertoleranz bei den großen Parteien beträgt 2,7
Prozentpunkte, bei den kleineren 1,4 Prozentpunkte.
Quelle: Pressemitteilung ZDF