Spitzenkandidaten und einige Parteien mit Internetwahlkampf überfordert
Archivmeldung vom 12.09.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Countdown läuft: Nur noch rund zwei Wochen bis zur Bundestagswahl. Wer sich noch nicht im Klaren darüber ist, wo er am 27. September die Kreuzchen machen soll, kann sich einfach und schnell im Internet informieren – beispielsweise auf den Seiten der sechs Bundestagsparteien.
Grundsätzlich bieten alle Partei-Webseiten jede Menge Wissenswertes zu ihrer Politik. Vor allem Bündnis 90/Die Grünen, SPD und CSU überzeugten mit vielen Informationen auf ihrer Internetpräsenz. Die CDU-Webseite punktete mit besonders einfacher Bedienung und etlichen Extras, wie einer speziell aufbereiteten Seitenversion für Handys. Schlusslicht bei Übersichtlichkeit und Ladegeschwindigkeit ist die FDP-Seite. Wer in den Diskussions- und Unterstützer-Foren der Parteien anonym mitdiskutieren will, sollte einen Bogen um CDU, SPD und Linkspartei machen. Grund: Hier werden die Anmeldedaten unverschlüsselt übers Internet übertragen.
Ob und wie gut Parteien und Politiker überhaupt auf E-Mails antworten, war ein weiterer Bestandteil des COMPUTERBILD-Tests. Dies prüften die Redakteure in zwei Schritten: Zum einen schickten sie je acht E-Mails mit unterschiedlichen Fragen an die Zentralen aller sechs Bundestagsparteien. Zum anderen gingen weitere 108 E-Mails direkt an die Spitzenpolitiker der sechs Parteien. Bei den Fragen an die Zentrale überzeugte die FDP: Die Parteizentrale beantwortete alle Anfragen schnell und ausführlich, meist sogar innerhalb eines Tages. Zügig und gut arbeitete auch die CDU-Zentrale.
Bei den Mails an die Politiker zeigte sich dagegen: Die Büros der Spitzenpolitiker beantworten Anfragen seltener, langsamer und weniger kompetent als die Parteizentralen. Die beste Antwortquote erreichte das Büro des SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier mit sieben von acht Fragen. Schwach: Das Büro von Horst Seehofer (CSU) reagierte nur auf zwei von acht Fragen. Falsche und zuweilen skurrile Mailantworten gab es auch – unter anderem vom Büro des Linken-Fraktionschefs Gregor Gysi. Demzufolge sei der Bundestrojaner ein kostenloses „Virus-Schutzprogramm“. Falsch, vielmehr will das Bundeskriminalamt mithilfe des sogenannten Bundestrojaners PCs Verdächtiger unbemerkt durchsuchen. Sogar das Büro der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) antwortete falsch: Auf die Frage, ob Internetnutzer bei einem versehentlichen Klick auf eine kinderpornographische Seite bestraft werden, verwies das Büro auf „die nun eingerichtete Sperre“ solcher Seiten, die den Besuch „fast unmöglich“ mache. Tatsache: Die Internetsperren sind bislang gar nicht in Kraft getreten, das Gesetz ist noch in Bearbeitung.
COMPUTERBILD stellte im Test auch die Produkte der Online-Parteishops auf den Prüfstand. Ergebnis: Die CDU verkauft T-Shirts mit giftigem Farbstoff im Aufdruck. Der Wert eines Azofarbstoffs, der Krebs verursachen kann, war mehr als doppelt so hoch wie gesetzlich erlaubt. Der FDP-Shop lieferte ein T-Shirt, das den Textilstandard Ökotex nicht einhielt. Außerdem hält der Shop der FDP keine simplen rechtlichen Regeln ein: So fehlt etwa ein Hinweis auf das Widerspruchsrecht – insgesamt waren die Geschäftsbedingungen (AGB) „mangelhaft“.
Endergebnis des COMPUTERBILD-Tests: Platz 1 holten sich die Grünen, sie überzeugten sowohl mit vielen Infos auf ihrer Parteiwebseite als auch ausführlichen Antworten auf E-Mails.
Quelle: COMPUTERBILD