Gutachten: Schuldenbremse kann ausgehebelt werden
Archivmeldung vom 07.10.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie Schuldenbremse im Grundgesetz kann offenbar durch einen juristischen Kniff ausgehebelt werden, um milliardenschwere Investitionen auf Kredit zu finanzieren. Dies geht aus einem Gutachten im Auftrag des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung hervor, über welches die Wochenzeitung "Die Zeit" berichtet.
Demzufolge greift die Schuldenbremse nicht, wenn Investitionen nicht vom Bund selbst, sondern von bundeseigenen Gesellschaften getätigt werden. "Rechtlich selbstständige Einrichtungen des Bundes agieren außerhalb des Anwendungsbereichs der nationalen Schuldenbremse, wenn sie zur Erfüllung von Bundesaufgaben Investitionen tätigen und diese durch Kreditaufnahme finanzieren", heißt es in der Untersuchung von Georg Hermes von der Universität Frankfurt, Lukas Vorwerk von der Technischen Universität Berlin und Thorsten Beckers von der Universität Weimar.
Konkret könnte etwa eine bundeseigene Fernstraßengesellschaft sich verschulden und so das Straßennetz sanieren ohne, dass die Schulden auf die Kreditaufnahme des Bundes im Sinne der Schuldenbremse angerechnet würden. Den Einwand, damit werde die Absicht des Gesetzgebers auf unlautere Weise umgangen, lassen die Autoren nicht gelten. Wenn es die Absicht der Politik gewesen wäre, diesen Ausweg zu verbauen, hätte sie das von vornherein tun können. Es gebe in Deutschland "ungenutzte Spielräume, mehr kreditfinanzierte Investitionen umzusetzen", heißt es in der Studie. Die Studie dürfte in der Politik auf großes Interesse stoßen, da die Coronakrise Löcher in den Staatshaushalt gerissen hat. Die Schuldenbremse begrenzt die Kreditaufnahme in normalen Zeiten auf 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Quelle: dts Nachrichtenagentur