Spahn lässt mehr als 100 Sterbehilfe-Anträge ablehnen
Archivmeldung vom 13.01.2020
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.01.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDas Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat auf Weisung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mehr als hundert Anträge auf Sterbehilfe abgelehnt. Wie das BfArM dem "Tagesspiegel" auf Anfrage mitteilte, sei in insgesamt 102 Fällen der Zugang schwerstkranker Patienten zu tödlichen Medikamenten versagt worden.
In 31 weiteren Fällen sei noch keine Entscheidung getroffen worden. Zwar ist die Bonner Behörde aufgrund eines Urteils seit 2017 verpflichtet, die Anträge im Einzelnen zu prüfen. Allerdings hatte Spahn persönlich das ihm unterstellte BfArM anweisen lassen, die Begehren pauschal zurückzuweisen. 24 Patienten sind in der Wartezeit verstorben.
Ende Februar will das Bundesverfassungsgericht ein Grundsatzurteil zum Verbot organisierter Sterbehilfe fällen, das auf Spahns Vorgehen Einfluss haben kann. Das Verwaltungsgericht Köln hat das Bundesgesundheitsministerium aufgefordert, seinen Umgang mit dem Thema transparenter zu machen: So sollen Spahns Beamte Informationen zu einer Ministervorlage herausgeben, in der sie das Karlsruher Verfahren zum Paragraf 217 bewerten. Dies haben die Kölner Richter nach einer Auskunftsklage des "Tagesspiegel" im Eilverfahren entschieden (Az.: 6 L 1280/19).
Die Presse habe einen "verfassungsrechtlich gewährleisteten Vermittlungs- und Kontrollauftrag", betonten sie. Dieser sei dazu bestimmt, eine den rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechende Ausübung der Regierungsfunktion sicherzustellen. "Dies gilt auch und erst recht für kritische Berichterstattung. Presse und Regierung sind keine Gegenspieler, sondern ergänzen sich notwendigerweise", heißt es. Eine öffentliche Berichterstattung über die bisher geheim gehaltene Vorlage für Spahn könne eine "positive Auswirkung" auf die Tätigkeit der Regierung haben.
Quelle: Der Tagesspiegel (ots)