Linkspartei wehrt sich gegen den Vorwurf des Antisemitismus
Archivmeldung vom 19.05.2011
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Freigeschaltet durch Fabian PittichLinkspartei-Chef Klaus Ernst wehrt sich gegen den Vorwurf, seine Partei handele nicht entschlossen genug gegen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit in den eigenen Reihen. "Wir brauchen keine Belehrungen von außen. Wir haben uns mehrmals klar positioniert. Gegen Antisemitismus zeigen wir klare Kante", sagte Ernst der Westfälischen Rundschau in Dortmund (Freitagausgabe).
"Wir gehen dagegen im Einzelfall hart vor." Derartiges Gedankengut habe in der Linken genauso wie faschistische Tendenzen keinen Platz. Ernst: "Für uns kommen weder Boykottaufrufe infrage noch dulden wir es, wenn das Existenzrecht Israels infrage gestellt wird", sagte Ernst. Dagegen stellt Dr. Samuel Salzborn, Vertretungsprofessor für Demokratieforschung an der Universität Gießen, fest, dass Antisemitismus und Israelfeindlichkeit in der Linkspartei auf dem Vormarsch seien. "Wir haben es in der Linkspartei nicht mit Einzelfällen zu tun. Es gibt große Entwicklungslinien bei Parlamentariern, die eine Umorientierung im Verhältnis zu Israel anstreben", sagte Salzborn der WR.
Salzborn ist Mitautor einer noch unveröffentlichten Studie, die unter anderem den Nachweis führen will, dass die Parteispitze der Linken auf Bundesebene anti-israelischen Aktionen abwartend zusieht. Das Beispiel der Abgeordneten Inge Höger zeige dies. Sie trat kürzlich auf einer Palästinenser-Konferenz von Sympathisanten der radikal-islamischen Hamas in Wuppertal auf. Bei ihrer Rede trug sie einen Schal, auf dem eine Landkarte des Nahen Ostens abgebildet war - allerdings ohne Israel. Salzborn: "Man gewinnt den Eindruck, dass der Parteiführung die Entwicklung mindestens gleichgültig ist, wenn sie sie nicht sogar still toleriert." Der thüringische Fraktionschef der Linken, Bodo Ramelow, sagte der Westfälischen Rundschau: "Es gibt bei uns einige, die als Brandstifter unterwegs sind." Er empfiehlt seiner Partei, sich nachhaltiger von Ressentiments abzugrenzen, "die auch nur den leisesten Zweifel an der Existenzberechtigung des Staates Israel verbreiten". Die Linke als Partei dürfe in der Nahost-Debatte "nie Teil des Problems sein, sondern immer nur Teil der Lösung".
Gregor Gysi weist Antisemitismus-Vorwurf gegen Linkspartei zurück
Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, hat den in einer Studie erhobenen Vorwurf eines wachsenden Antisemitismus in seiner Partei entschieden zurückgewiesen. "Die in der Studie aufgestellten Behauptungen sind schlicht Blödsinn", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung" (Freitag-Ausgabe). "Kritik an der Politik der israelischen Regierung sind kein Antisemitismus, wenn auch klar ist, dass man in Deutschland gerade vor dem Hintergrund der Geschichte sehr genau formulieren muss. Boykott-Aufrufe gegen in Israel produzierte Waren kommen schon deshalb nicht in Frage." Gysi fügte hinzu: "Im Übrigen führe ich sehr intensive Gespräche innerhalb und außerhalb der Linken mit dem Ziel, dass Deutschland alles dafür tut, um baldmöglichst einen gerechten Frieden in Nahost zu erreichen mit einem Staat Israel in sicheren Grenzen und einem lebensfähigen palästinensischen Staat. Selbstverständlich versuche ich bei jeder Gelegenheit, Antisemitismus oder Dinge, die so wirken könnten, zu verhindern beziehungsweise zu überwinden. Nur weil dies öffentlich nicht wahrgenommen wird, heißt das noch lange nicht, dass ich schweige." Israel- und judenfeindliche Positionen werden nach Einschätzung der Sozialwissenschaftler Samuel Salzborn von der Universität Gießen und Sebastian Voigt von der Universität Leipzig "innerparteilich immer dominanter".
Studie: Antisemitismus und Israelfeindlichkeit nehmen in Linkspartei zu
In der Linkspartei gewinnen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit gefährlich an Gewicht. Dies ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie, die der "Frankfurter Rundschau" vorliegt. Israel- und judenfeindliche Positionen würden "innerparteilich immer dominanter", Kritiker hingegen sähen sich "zunehmend isoliert", schreiben die beiden Autoren, der Sozialwissenschaftler und Antisemitismusexperte Samuel Salzborn von der Universität Gießen und Sebastian Voigt von der Universität Leipzig. Der Bundestagsabgeordnete und ehemalige Landesvorsitzende der Berliner Linkspartei, Stefan Liebich, verlangte im Gespräch mit der "Frankfurter Rundschau" deutlich mehr Engagement der Parteiführung gegen Antisemitismus in den eigenen Reihen: "Ich wünsche mir, dass sich die Spitzen von Partei und Fraktion schneller von solchen Dingen distanzieren." Die Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst ließen mehrere Anfragen der Zeitung indes unbeantwortet.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (ots) / dts Nachrichtenagentur