Union will sichere Herkunftsstaaten am Bundesrat vorbei ausweiten
Archivmeldung vom 12.02.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie Unionsfraktion im Bundestag will die Liste der sicheren Herkunftsstaaten offenbar ohne Zustimmung des Bundesrats ausweiten. Laut eines Beschlusses der Arbeitsgruppe Innen, über den die "Welt" berichtet, wollen die Abgeordneten im nationalen Asylrecht ein neues Rechtsinstitut schaffen: "den kleinen sicheren Herkunftsstaat".
Eine solche Einstufung als kleiner sicherer Herkunftsstaat im Sinne der EU-Asylverfahrensrichtlinie "wäre ohne Zustimmung des Bundesrates möglich". Daneben würde weiterhin die heute praktizierte Einstufung als sicherer Herkunftsstaat fortbestehen, dafür wäre auch künftig eine Mehrheit in der Länderkammer notwendig. Nach dem Beschluss der Arbeitsgruppe vom Dienstag sollen "in einem ersten Schritt Algerien, Marokko, Tunesien, Georgien, Armenien, Gambia und die Elfenbeinküste, in einem zweiten Schritt die Mongolei, Liberia und Indien als sichere Herkunftsstaaten im Sinne der europäischen Asylverfahrensrichtlinie" eingestuft werden.
Der CDU-Innenpolitiker Thorsten Frei, auf den die Initiative für die Gesetzesreform zurückgeht, sagte der Zeitung: "Wir wollen die Möglichkeiten des europäischen Asylrechts nutzen, um ein neues Konzept der sicheren Herkunftsstaaten zu schaffen."
Nach Angaben des für Migration zuständigen Vizevorsitzenden der Unionsfraktion kann ein solches Vorgehen gegen "missbräuchliche Asylanträge" im Bundesrat "von den Grünen nicht blockiert werden" und den "absoluten Stillstand" in der Frage nach den sicheren Herkunftsstaaten beenden. Hintergrund ist: Wenn Asylbewerber heute einreisen und ihre Anträge stellen, wird kaum noch geprüft, ob sie Asyl nach dem Grundgesetzartikel 16a benötigen. Denn mit dem Asylkompromiss 1993 wurde der Artikel so ergänzt, dass keinen Anspruch auf Asyl mehr hat, wer aus einem sicheren Drittstaat einreist.
Weil Deutschland ausschließlich von sicheren Drittstaaten umgeben ist, haben nur noch wenige an den Flug- und Seehäfen ankommende Schutzsuchende die Möglichkeit, das eigentliche Asyl nach dem Grundgesetz zu beantragen. Bei allen anderen Schutzsuchenden greift nicht das in der Verfassung festgeschriebene Asylrecht, sondern es wird geprüft, ob sie Flüchtlings- oder Subsidiärschutz benötigen. Diese Schutztitel orientieren sich nicht am Grundgesetz, sondern an der EU-Asylverfahrensrichtlinie. Und diese lässt viel Spielraum, wie ein Staat die Einstufung als sicherer Herkunftsstaat vornehmen möchte.
Quelle: dts Nachrichtenagentur