ödp fordert: Schäuble muss zurücktreten
Archivmeldung vom 30.04.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt„Bundesinnenminister Schäuble muss zurücktreten.“ Das fordert Ulrich Brehme, innenpolitischer Experte der Ökologisch-Demokratischen Partei (ödp). Anlass der Forderung ist der aktuelle Entwurf des Bundesinnenministers zum neuen BKA (Bundeskriminalamt)-Gesetz.
„Schäuble hat die Grenzen des in einem demokratischen Rechtsstaat Vertretbaren deutlich überschritten. Immer wieder verletzt die Bundesregierung mit ihren ungeeigneten Gesetzentwürfen das Grundgesetz. Verschleiert werden die Angriffe auf die Freiheitsrechte der Bürger mit ideologischen Argumenten im Namen der Sicherheit, die der Staat aber gar nicht bieten kann,“ führt Brehme aus. Bundesinnenminister Schäuble strebe somit einen weiteren Schritt in Richtung eines Überwachungsstaates an.
Mit dem geplanten BKA-Gesetz würde das
BKA zu einer Mischung aus Geheimdienst und Bundespolizei, erläutert
Brehme. „Richtig ist, dass die zersplitterten Kompetenzen in Sachen
Terrorabwehr in einer Bundesbehörde gebündelt werden sollten und einer
einheitlichen Gesetzgebung zu unterwerfen sind. Aber Innenminister
Schäuble will eine ganz andere Sicherheitspolitik. Er will weg vom
liberalen Rechtsstaat. Er will die Trennung zwischen
nachrichtendienstlicher Überwachung und polizeilicher Ermittlung für
die Sammlung gerichtsverwertbarer Beweise aufheben.“
Der
ödp-Politiker Brehme bemängelt, dass es keine parlamentarische
Kontrolle des BKA geben solle, wie sie bei Geheimdiensten üblich ist.
Wie eine regelmäßige Überprüfung stattfinden soll, ob das Gesetz
richtig angewendet werde, sei nicht erkennbar, so Brehme. Er
befürchtet, dass die Information der Betroffenen im Nachhinein
sicherlich, wie auch sonst üblich, in der Praxis dann entfallen werde.
Öffentliche Dokumentationspflichten fehlten auch in diesem Gesetz.
„Damit sind Verdächtigungen gegen jeden Bürger zum Zwecke der
Kriminalisierung durch das BKA möglich. Das BKA-Gesetz beseitigt
Bürgerrechte und ermöglicht staatliche Willkür. Die geschichtlichen
Erfahrungen zeigen, dass sich damit ein staatlicher Terror gegen
Oppositionelle erzeugen lässt,“ sagt Brehme.
Weiterer
Kritikpunkt der ödp am geplanten Gesetz ist, dass nicht nur die heftig
umstrittene Onlinedurchsuchung, sondern auch die unbeschränkte
Verdächtigung und präventive Überwachung aller Personen, die mit dem
Terrorismusverdächtigen in Kontakt kamen, zur Gefahrenabwehr eingeführt
werden sollen. Mit heimlich angebrachten Mikrofonen, Kameras,
Trojanern, Telefonüberwachung und Spitzeln könne dann jeder von der
Polizei überwacht werden, der beruflich oder privat in die Nähe eines
Verdächtigen kommt. Von allen diesen Bürgern dürften dann
Verbindungsdaten und Bewegungsdaten gesammelt und gespeichert werden.
„Alle
diese Daten dürfen auch an jede öffentliche Stelle sowie alle
Geheimdienste (auch im Ausland) zur Abwehr einer erheblichen Gefahr und
zur Strafverfolgung weitergegeben werden. Wer gibt dem Staat das Recht,
derart massiv die Würde von Menschen zu verletzen? So werden
Terroristen erst recht motiviert,“ fasst Brehme zusammen.
Außerdem bemängelt der ödp-Politiker, dass das BKA-Gesetz eine Ermächtigungsgrundlage für eine “Präventiv-Haft” - und zwar ohne jegliche Einschränkung - enthalte. „Das heißt, das BKA kann einen “Verdächtigen” - ohne Zeitbestimmung - “in Gewahrsam nehmen”. Also ohne richterlichen Haftbefehl, um ihn z.B. von der Begehung einer Straftat abzuhalten. Das Zeugnisverweigerungsrecht wird ebenfalls außer Kraft gesetzt,“ erläutert Brehme.
Betroffen vom neuen Gesetz seien zudem Berufsgeheimnisträger wie Anwaltskanzleien, Verlage, Arztpraxen, Abgeordnete, Geistliche und Strafverteidiger. Dabei habe der Bundestag erst Ende letzten Jahres beschlossen, dass sie nicht im Rahmen eines Strafverfahrens abgehört werden dürfen. Die Große Koalition habe diese Berufe in der Strafprozessordnung besonders geschützt, aber nicht freiwillig, sondern weil das Bundesverfassungsgericht das verlangt hätte.
Quelle: ödp