Solarstrom - verfehlte Förderpolitik
Archivmeldung vom 25.06.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakDie deutschen Solarfirmen sonnen sich im Licht. Die Branche boomt, weil sie großzügig gefördert wird. Jeder Hauseigentümer, der sich eine Solaranlage aufs Dach setzt, erhält derzeit rund 47 Cent pro Kilowatt-Stunde erzeugten Stroms - und das 20 Jahre lang garantiert. Kein Wunder, dass deshalb fast die Hälfte aller weltweit produzierten Solarmodule auf deutschen Dächern landet.
Die Augsburger Firma NW-Comp Solar zum Beispiel installiert jährlich Hunderte Solarmodule. Doch wo kommen die eigentlich her? Viktor Wiederspan von NW-Comp Solar gibt freimütig zu: "Die meisten Module, wie wir hier verbauen, kommen aus Asien. Also zu 80 Prozent dessen, was wir aufs Dach bringen."
Asiatische Hersteller profitieren
Und das ist in der Branche fast schon normal. Mehr als 50 Prozent aller auf deutschen Dächern installierten Module stammen aus asiatischen Ländern. Von der hohen deutschen Förderung für Solarstrom profitieren daher vor allem Hersteller aus China und Japan. Die Folge: Nicht Deutschland, sondern China ist laut des Solarmagazins "Photon" Weltmarktführer bei Solarmodulen mit einem Marktanteil von 28 Prozent, dahinter Japan mit 22 Prozent, Deutschland nur auf Rang drei mit einem Anteil von 21 Prozent. Taiwan holt auf und erreicht 11 Prozent.
Arbeitsplätze im Ausland
Hinzu kommt: Arbeitsplätze schafft die deutsche Solarindustrie neuerdings vorwiegend im Ausland. Besonders kräftig investieren die Unternehmen derzeit in Asien. So wird Solarworld künftig Module in Südkorea herstellen. Q-Cells baut große Solarfabriken in Malaysia auf und investiert dabei rund eine Milliarde Euro. Zudem kündigte der Solarzellenhersteller aus Sachsen-Anhalt kürzlich an, die Firma werde für über 2 Milliarden Euro Produktionsstätten in Mexiko aufbauen. Doch damit nicht genug: Die amerikanische First Solar, die bisher vor allem in Frankfurt/Oder fertigte, errichtet derzeit in Malaysia Fabriken mit einer Produktionskapazität viermal größer als in Deutschland. Und noch ein Beispiel: Die Münchner Solar Tec fertigt seit kurzem Module in China.
Unbegrenzte Förderung
Die Module werden zunehmend also in Asien kostengünstig produziert - und in Deutschland teuer verkauft. Ein Geschäftsmodell ohne großes Risiko. Denn kürzlich hat der Bundestag entschieden: Die Vergütung für Sonnenstrom wird nur wenig gekürzt. Zudem wird die Förderung auch weiterhin in keiner Weise begrenzt. Das macht den deutschen Markt für die globale Solarindustrie so interessant, weiß Jan Kai Dobelmann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie: "Jeder kann in Deutschland so viele Module installieren, wie er am Weltmarkt beschaffen kann. Und insofern hat der deutsche Markt eine wichtige Funktion: Das ist wie ein Überdruckventil. Hier kommt all das hin, was man nicht auf anderen Märkten absetzen kann."
Stromkunden zahlen die Zeche
Wie teuer diese Förderpolitik ist, wird nur allzu gerne verschleiert. Denn die zusätzlichen Kosten für den Solarstrom trägt nicht der Staat, sondern sie werden einfach allen Stromkunden in Rechnung gestellt - und das jahrzehntelang. Allein die bis 2007 installierten Module belasten die Stromkunden in den nächsten 20 Jahren mit 26,5 Milliarden Euro. Im Jahr 2011 wird die gesamte Last auf über 62 Milliarden Euro steigen. Deshalb schlagen Verbraucherschützer jetzt Alarm. Holger Krawinkel, Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. befürchtet: "Es ist natürlich so, dass wir jetzt hier auch soziale Probleme bekommen. Denn diejenigen, die eine Photovoltaikanlage kaufen, sind diejenigen, die über das nötige Einkommen verfügen. Während alle Verbrauchergruppen, auch die sozial Schwächeren, das mitfinanzieren."
Solarstrom und Emissionshandel
Und dann gibt es da noch eine Frage: Was trägt die massiv geförderte Solarstrombranche eigentlich zum beabsichtigten Klimaschutz bei? Die verblüffende Antwort: Derzeit rein gar nichts! Darauf weist der Magdeburger Wirtschaftswissenschaftler Prof. Joachim Weimann hin: "Tatsächlich ist das so, dass wenn wir Photovoltaikanlagen auf unsere Dächer schnallen, wir de facto kein einziges Gramm C02 einsparen."
Wie kann das sein? Solaranlagen produzieren doch sogenannten sauberen Strom, weithin frei von C02. Das ist unbestritten. Und trotzdem wird der C02-Ausstoß dadurch nicht sinken. Der Grund: Die Europäische Union legt seit Jahren für die Stromkonzerne verbindlich fest, wie viel C02 sie ausstoßen dürfen. In der Zeit von 2008 bis 2012 liegt diese Obergrenze bei 453 Millionen Tonnen C02 pro Jahr. Die Unternehmen bekommen jedes Jahr sogenannte Zertifikate, teils zugeteilt, teils müssen sie ersteigert werden. Entscheidend ist: Diese Verschmutzungsrechte sind europaweit handelbar. Senkt ein Unternehmen seinen C02-Ausstoß, kann es überschüssige Zertifikate verkaufen.
Was also passiert, wenn in diesem System C02-freier Solarstrom ins Netz der Energiekonzerne eingespeist wird? Ganz einfach: Die Konzerne müssen dann weniger Strom mit Kohlekraftwerken produzieren. Sie reduzieren auf den ersten Blick C02. Doch dann geht es weiter, so Prof. Joachim Weimann, Autor des Buchs "Die Klimapolitik-Katastrophe": "Dadurch, dass sie C02 einsparen, brauchen sie weniger Emissionsrechte. Diese Rechte, die sie nicht mehr benötigen, werden sie verkaufen. Das ist ein Vorteil für sie, damit erzielen sie einen Erlös. Irgendjemand wird diese Rechte erwerben und die Emissionen tätigen, die wir eingespart haben. Das heißt: Die Emission wird nicht tatsächlich eingespart, sondern nur verlagert."
Fazit: Die hohe Förderung von Solarstrom belastet massiv die Verbraucher, sie nützt vor allem den Herstellern in Asien und sie bringt für den Klimaschutz auf absehbare Zeit überhaupt nichts. Jetzt ist der Bundesrat gefragt, denn die Länderkammer könnte noch verhindern, dass diese irrwitzige Förderpolitik fortgesetzt wird.