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Historiker Winkler sieht keine neuen Weimarer Verhältnisse

Archivmeldung vom 06.11.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.11.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
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Bild: Eigenes Werk /OTT

Heinrich August Winkler, Historiker an der Freien Universität Berlin, sieht keine neuen Weimarer Verhältnisse auf Deutschland zukommen. "Die Geschichte wiederholt sich nicht. Auch Mark Twain hat dies einst festgestellt und hinzugefügt: Aber sie reimt sich manchmal", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Die Unterschiede zur Weimarer Republik seien so gravierend, dass man sich davor hüten sollte, ständig das Gespenst der ersten deutschen Republik zu beschwören.

Damals habe die Demokratie in weiten Teilen als Produkt der Niederlage gegolten, als Staatsform der Sieger, als undeutsches System. "Heute gibt es anders als damals, keine antidemokratischen Massenbewegungen und keine bewaffneten Parteiarmeen. Wir haben einen immer noch weitgehenden demokratischen Konsens", so Winkler. Als die Weimarer Republik in ihre finale Krise geriet, habe es eine negative Mehrheit im Reichstag aus Nationalsozialisten und Kommunisten gegeben. "Das war im Sommer 1932. Davon sind wir heute weit entfernt. Es gibt heute wieder nationalistische Gruppierungen, die aus der Vergangenheit nichts gelernt haben."

Das müsse man als Herausforderung ernst nehmen, aber man sollte es nicht durch Dramatisierung aufwerten. Die Nationalpopulisten würden am ehesten dadurch geschwächt, dass sich die sogenannten etablierten demokratischen Parteien fragen, was sie falsch gemacht haben und was sie besser machen müssen, um mögliche Protestwähler gar nicht erst in die Arme von rechtspopulistischen Kräften zu treiben, sagte Winkler. Auf die Frage, ob die erneute Große Koalition heute Ursache für zunehmenden Protest und Radikalisierung ist, antwortete er: "Große Koalitionen dürfen nicht zum Dauerzustand werden." Sie müssten die Ausnahme bleiben. "Es muss eine Alternative zwischen den beiden größten Parteien erkennbar bleiben. Regierungen auch mit wechselnden Mehrheiten sind nicht unbedingt ein Krisenzeichen, das zeigt ein Blick auf andere europäische Länder", sagte der Historiker.

Im Zweifelsfall wäre auch schon nach der letzten Bundestagswahl eine Regierung mit wechselnden Mehrheiten eine angemessenere Lösung gewesen als eine weitere Große Koalition, sagte er. Das Unbehagen an einer solche Konstellation habe sich zuletzt in den Landtagswahlen in Bayern und Hessen gezeigt. Eine vermeintlich "ewige" Große Koalition provoziere dazu, gegen die beteiligten Parteien zu stimmen, um so einen Machtwechsel herbeizuführen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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