Experten warnen vor Angriffen auf die Demokratie in der Corona-Krise
Archivmeldung vom 11.05.2020
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.05.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttWeil sich unter die Demonstranten gegen die Pandemiebeschränkungen zunehmend Extremisten und Anhänger von Verschwörungstheorien mischen, warnen der Bielefelder Konflikt- und Gewaltforscher Andreas Zick und die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vor einer Gefahr für die Demokratie in Deutschland.
"Für den Zusammenhalt der Gesellschaft ist das eine bedrohliche Entwicklung", sagte Zick der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ, Dienstagsausgabe). Politik und Öffentlichkeit reagierten zum Teil ratlos auf die aufkommenden Verschwörungsmythen. Zwar habe es schon vor der Pandemie eine Spaltung der Gesellschaft gegeben. "Aber wir müssen uns jetzt nicht wundern, wenn sich radikale Gruppen weiter radikalisieren, also aggressiver und gewaltorientierter werden, sich verbinden und zeigen." Auf einmal sei es möglich, Tausende Menschen auf die Straße zu bringen, um einen vermeintlichen "Widerstandsakt" - auf Kosten der Gesundheitsprävention - gegen "das System" zu äußern.
Die frühere Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger sagte der Zeitung, es sei das gute Recht der Bürger, für Freiheitsrechte zu demonstrieren. "Aber am Wochenende haben wir Demos gesehen, in denen es überhaupt nicht darum ging, eine Diskussion anzustoßen, sondern nur ums Zuspitzen", so die Liberale. Sie spricht von zum Teil "unverantwortlichen" Szenen: "Ohne Maske, ohne Abstand, ohne die wichtigen Sicherheitsauflagen einzuhalten. Wer sich so bewusst über den Infektionsschutz hinwegsetzt, der wird das Ziel ,mehr Freiheit' eben nicht erreichen." Wenn das so weitergehe, würden künftig eher weniger Versammlungen genehmigt werden können.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (ots)