Union fordert von Gabriel Bekenntnis zu Gorleben
Archivmeldung vom 06.09.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakChaostage in Asse: Das Strahlenschutzamt denkt darüber nach, einen Teil der lecken Atommüll-Fässer zu bergen. Die Union fürchtet nun Gegenwind für ihre atomfreundliche Politik - sie fordert nach SPIEGEL-Informationen von Umweltminister Gabriel, das Moratorium für das Endlager Gorleben sofort aufzuheb
Aufgrund der Affäre um Missstände im niedersächsischen Atommülldepot Asse fürchten die Unionsparteien eine Debatte um das geplante Endlager in Gorleben. Nach SPIEGEL-Informationen fordert die Stellvertretende Fraktionsvorsitzende Katherina Reiche in einem bislang unveröffentlichten Strategiepapier der Bundestagsfraktion, Bundesumweltminister Sigmar Gabriel solle "unverzüglich" das Erkundungsmoratorium für Gorleben aufheben.
Die von Gabriel favorisierte Suche nach Alternativen werde mindestens eine Milliarde Euro kosten. Werde der Salzstock Gorleben als Endlagerstätte aufgegeben, könnten die Energieversorger Regressforderungen in Milliardenhöhe an den Bund stellen.
Das Erkundungsmoratorium basiert auf einer Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom Juni 2001. "Die Erkundung des Salzstockes in Gorleben wird bis zur Klärung konzeptioneller und sicherheitstechnischer Fragen für mindestens drei, längstens jedoch 10 Jahre unterbrochen", heißt es dort.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Norbert Röttgen, forderte Gabriel auf, nun endlich die zugesagten Vorschläge für ein Endlagergesetz vorzulegen. Der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" sagte Röttgen, die Kritik Gabriels an den Zuständen in der Asse sei zwar richtig, führe aber nicht weiter.
Die Asse dürfe nicht instrumentalisiert werden, um "an einer überkommenen Anti-Atom-Ideologie festzuhalten". Die Union will den Atom-Ausstieg rückgängig machen, während SPD und Grüne sich durch die Endlagerprobleme darin bestärkt sehen.
Die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner warnt im SPIEGEL vor einem "Vermischen der Vorgänge" in Asse und in Gorleben. In ihrem Bundesland kommt eine Alternative zu den niedersächsischen Salzstöcken vor: Opalinus-Ton. In der Schweiz soll in dem 180 Millionen Jahre alten Gestein demnächst ein Entsorgungszentrum für radioaktiven Müll eingerichtet werden.
Nach der Übertragung der Verantwortung für Asse an das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) denken die neuen Betreiber über eine Teilbergung der lecken Fässer nach. Laut einem neuen Gutachten eines Bochumer Ingenieurbüros könne das Bergwerk durch "Sicherungsmaßnahmen" mit großen Mengen Beton für weitere 10 bis 15 Jahre vor dem Zusammenbruch bewahrt werden. Das Ziel sei, so BfS-Chef Wolfram König, "Zeit zu gewinnen, um die bestmögliche Lösung für die Schließung zu finden".
Nach Ansicht Königs wurden die Herausforderungen einer atomaren Endlagerung in den vergangenen Jahrzehnten systematisch unterschätzt. Die heute kaum noch nachvollziehbare, frühere Sorglosigkeit habe viel mit der einstigen Atom-Euphorie zu tun. Das schadhafte Atommülllager Asse in Niedersachsen sei ein Beispiel dafür, was man alles falsch machen könne, wenn man sich nicht von Anfang an um eine ernsthafte Sicherheitsanalyse kümmere.
Das Bundesamt hatte die Zuständigkeit für Asse vom Helmholtz-Zentrum übernommen. Damit soll der Salzstock künftig nach Atomrecht statt nach dem weniger strengen Bergrecht geführt werden. Auch geht die Aufsicht damit von Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) auf Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) über. Gabriel will bis Ende des Jahres über die Schließung der Forschungsanlage aus den sechziger Jahren entscheiden. Der Salzstock gilt als einsturzgefährdet.