Ex-Verfassungsrichter Papier warnt vor Ausgrenzung der AfD
Archivmeldung vom 04.10.2017
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Freigeschaltet durch André OttDer ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat die Parteien davor gewarnt, die AfD im Bundestag auszugrenzen und den künftigen Bundestagspräsidenten aufgefordert, sein Amt überparteilich auszuüben.
"Es wäre sehr töricht, keinen AfD-Vertreter zu einem Vizepräsidenten des Bundestags zu wählen", sagte Papier der "Zeit". Das Parlament müsse ein Spiegelbild der Meinungsvielfalt in der Bevölkerung sein. "Und der Bundestagspräsident muss als Repräsentant der gesamten Volksvertretung so neutral wie möglich die Rechte aller Abgeordneten wahren." Papier, der das Bundesverfassungsgericht von 2002 bis 2010 leitete, rät dem nächsten Bundestagspräsidenten außerdem, sein Hausrecht umsichtig auszuüben und es mit Ordnungsrufen gegenüber der AfD nicht zu übertreiben.
Die Abgeordneten hätten ein weitreichendes Recht auf freie Rede, sagte Papier. "Sollte ein Bundestagspräsident seine Ordnungsmacht überziehen, geht er das Risiko ein, dass ihn ein Parlamentarier der AfD wegen einer Verletzung seiner Abgeordnetenrechte vorm Bundesverfassungsgericht verklagt." In Karlsruhe zu verlieren sei für einen Bundestagspräsidenten "ungut und peinlich". Auch Thüringens Landtagspräsident Christian Carius (CDU) rät dringend davon ab, im Bundestag Sonderregelungen für die AfD zu schaffen. In Thüringen ist die AfD seit 2014 vertreten. "Wir haben deutlich mehr Schmähungen", sagte Carius der "Zeit". Aber mit einer Ausgrenzung der AfD nähre man nur die Legende vom "Kartell der Altparteien", welches die neue Konkurrenz ausschalten wolle.
Quelle: dts Nachrichtenagentur