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Schwere Vorwürfe gegen bayerischen Landtagsabgeordneten

Archivmeldung vom 03.11.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.11.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bayerischer Landtag
Bayerischer Landtag

Foto: Thommess
Lizenz: GFDL
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Zweieinhalb Jahre nach der Verwandtenaffäre deckt das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" erneut fragwürdige Abrechnungen eines bayerischen Landtagsabgeordneten auf (Sendung heute, 3.11., 21.45 Uhr im Ersten). Gegenüber "Report Mainz" erheben Insider aus dem Abgeordnetenbüro des Landtagsabgeordneten Günther Felbinger (Freie Wähler) schwere Vorwürfe. Sie berichten, der Abgeordnete habe über Jahre hinweg Mittel aus dem Mitarbeiterbudget mit Scheinverträgen zweckentfremdet, um das Geld in die eigene Tasche zu stecken. Außerdem habe der Abgeordnete Mitarbeiter für private Zwecke sowie für Parteiarbeit eingesetzt. "Report Mainz" liegen neben den mündlichen Aussagen der Insider zudem umfangreiche interne Dokumente vor.

Auf Anfrage hatte Felbinger im Interview mit "Report Mainz" vergangene Woche zunächst erklärt, seine Mitarbeiter hätten stets für sein Mandat gearbeitet. Auf die Frage, ob er Scheinverträge abgeschlossen habe, um Zweckwidriges über das Mitarbeiterbudget abzurechnen, hatte er erklärt: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen, ganz klar." Am heutigen Dienstagvormittag hat er offenbar Selbstanzeige beim Landtagsamt gegenüber der Landtagspräsidentin und bei der Staatsanwaltschaft Würzburg wegen nicht rechtmäßig abgerechneter Mitarbeitergelder erstattet. Das geht aus einem Schreiben Felbingers an den Bezirksvorstand der Freien Wähler Unterfranken hervor. Den entstandenen Schaden, schreibt er, habe er bereits am gestrigen Montag der Staatskasse zurücküberwiesen. Nach Informationen von "Report Mainz" soll es sich dabei um einen Betrag von rund 60.000 Euro handeln. Felbinger erklärte zudem, er trete mit sofortiger Wirkung vom Bezirksvorsitz des Bezirksverbandes Freie Wähler Unterfranken zurück, "um Schaden von den Freien Wählern fernzuhalten".

Der Verfassungsrechtler Prof. Hans Herbert von Arnim erklärte zu den Recherchen von "Report Mainz": "Die Beweislage ist in diesem Fall geradezu erdrückend, sowohl schriftlich als auch mündlich. Es ist ein Glücksfall, dass hier ein Insider auspackt und dadurch deutlich wird, dass hier verdeckte Parteienfinanzierung und Selbstbereicherung vorliegen." Prof. von Arnim hatte mit seiner Publikation "Die Selbstbediener. Wie bayerische Politiker sich den Staat zur Beute machen" im Jahr 2013 die Verwandtenaffäre ins Rollen gebracht. Zweieinhalb Jahre nach der Reform des Abgeordnetengesetzes in Bayern zeige sich nun, dass es immer noch zu Missbrauch im Umgang mit den Mitteln komme: "Es besteht weiterhin die Versuchung, hier zu tricksen, weil es an einer ausreichenden Kontrolle fehlt. Es ist deswegen höchste Zeit, dass der Rechnungshof einschreitet und eine wirksame Kontrolle vornimmt", sagte Prof. von Arnim im Interview mit "Report Mainz".

Eine Umfrage von "Report Mainz" unter allen Bundesländern zeigt, dass den Abgeordneten in keinem anderen Bundesland so viel Geld zur Verfügung steht wie in Bayern. Jeder Abgeordnete hat hier jedes Jahr knapp 120.000 Euro für Mitarbeiter zur Verfügung, etwa doppelt so viel wie in Baden-Württemberg. Der Umfrage zufolge ist Bayern Spitzenreiter mit 118.600 Euro, gefolgt von Sachsen mit 63.700 Euro und Baden-Württemberg mit 63.500 Euro. Auf den weiteren Plätzen folgen Niedersachsen (51.100 Euro), Nordrhein-Westfalen (50.800 Euro) und Brandenburg (48.200 Euro). Danach kommen Hessen (43.700 Euro), Sachsen-Anhalt (42.700 Euro), Thüringen (40.000 Euro), Rheinland-Pfalz (35.400 Euro) und Hamburg (34.300 Euro). In Bremen und im Saarland steht den Abgeordneten kein Geld für Mitarbeiter zur Verfügung.

Nach dem Skandal um Vetternwirtschaft im Bayerischen Landtag 2013 war das Abgeordnetengesetz reformiert worden. Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) hatte damals erklärt, Bayern habe nun die "bundesweit schärfsten Regeln".

Quelle: SWR - Das Erste (ots)

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