Letzter Schlagabtausch im Parlament vor Bundestagswahl
In der letzten Plenarsitzung vor der Bundestagswahl haben sich die Spitzenkandidaten einen scharfen Schlagabtausch geliefert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warf Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz vor, anzutreten, "Europa zu Grabe zu tragen".
Merz erwiderte, der aktuellen Bundesregierung schlage in Brüssel "so viel Kritik und so viel Verachtung" wie noch nie entgegen. SPD-Chef Lars Klingbeil bezeichnete die Rede von Merz als "Pöbelei" und verglich den CDU-Chef mit einem "Onkel, der alles besser weiß". Die einzigen Freunde von Merz im Parlament seien nur noch die AfD, so Klingbeil.
Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck mahnte, den Klimaschutz nicht aus den Augen zu verlieren. Union und FDP stellten bereits die Klimaziele infrage - "aus Angst vor der Mühsal der Arbeit", sagte Habeck. Das sei aber nach dem Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen fatal. "Wenn Europa umfällt, ist es vorbei, mit dem globalen Klimaschutz", so der Minister. Die wirtschaftspolitischen Pläne der Union seien nicht geeignet, die Industrie zukunftsfest zu machen. Stattdessen sei das Programm von CDU und CSU nur die "Wiederholung der 80er-Jahre", sagte Habeck.
FDP-Chef Christian Lindner warf Scholz erneut vor, im Wahlkampf die Menschen in der Ukraine gegen die Rentner in Deutschland ausspielen zu wollen. Die Ampel-Regierung sei vor allem daran zerbrochen, dass sie es nicht geschafft habe, die Wirtschaftskrise zu beheben, so der ehemalige Finanzminister. Dem Kanzler verkenne die Lage. Scholz habe den Beweis erbracht, dass es "Paralleluniversen" gebe, sagte Lindner.
AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel sagte, Rot-Grün sei "gescheitert". Aber auch Merz gehe es nicht anders, da er seine Versprechen nicht umsetzen könne, so Weidel. Die Abgeordneten der Grünen hätten "nichts hier im Bundestag verloren". Diese hätten "hätten noch nie gearbeitet". "Gehen Sie arbeiten, suchen Sie sich einen Job", rief sie der Grünen-Fraktion zu. Weiter warb die AfD-Chefin für einen radikalen Rückbau des öffentlichen Sektors und den Ausstieg aus dem Euro.
Linken-Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek forderte eine Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Gegenfinanziert solle das durch Steuerreformen, vor allem für Milliardäre, werden. Zudem sprach sie sich für einen bundesweiten Mietendeckel sowie die Legalisierung von Abtreibungen aus. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht warnte vor der Stationierung von US-Raketen in Deutschland und einem weiteren Wettrüsten.
Zum Abschluss der Debatte äußerte sich auch der ehemalige SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert erstmals wieder seit seinem Rücktritt Anfang Oktober. Kühnert warb dabei dafür, Verantwortung für die deutsche Geschichte zu übernehmen. Er kritisierte eine "Stilverschiebung in der Debatte". Der CDU-Austritt von Michel Friedmann aus Protest gegen die gemeinsame Abstimmung seiner Partei mit der AfD hätte früher dafür gesorgt, dass "kein Stein auf dem anderen geblieben wäre", so Kühnert. Doch jetzt ignoriere CDU-Chef Merz die Kritiker in den eigenen Reihen einfach.
Quelle: dts Nachrichtenagentur