Bodo Ramelow zum Tag der deutschen Einheit: "Wir haben den emotionalen Teil des Zusammenwachsens sträflich vernachlässigt"
Archivmeldung vom 28.09.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow sieht die Russlandfreundlichkeit in Ostdeutschland auch durch Fehler nach der Einheit begründet: "Es ist das Ergebnis eines langen Entfremdungsprozesses." Man könne sagen, es sei der Antiamerikanismus, der zu Russlandfreundlichkeit geführt habe. "Wir haben den emotionalen Teil des Zusammenwachsens sträflich vernachlässigt", sagt Ramelow dem stern im Interview.
Das merke man auch in der aktuellen Krise: "Im Osten wird mit anderer Emotionalität darauf reagiert." Viele gingen deswegen nun wieder demonstrieren und halten die Proteste für harmloser, als sie es sind. "Es mag erstaunlich klingen, aber zu viele merken nicht, dass diese Demos längst gekapert worden sind", sagt der Ministerpräsident. Oftmals seien die Redebeiträgen auf den Demonstrationen von der rechtsextremen Bewegung "Freies Thüringen" orchestriert.
Seine Partei "Die Linke" solle nicht versuchen, von der Wut auf der Straße zu profitieren: "Die zerstörerische These, dass es gut für die Partei ist, wenn erst die Verelendung einsetzt, die überlassen wir mal besser der AfD", sagt Ramelow. "Es darf nicht unser Ziel sein, dass uns nur arme Menschen wählen." Auch für den Versuch, durch Russlandfreundlichkeit mehr Menschen anzusprechen, zeigt er kein Verständnis: "Wenn jetzt einige unsolidarisch eine Klaviatur bedienen, die sich an Parteibeschlüssen gar nicht mehr orientiert, sondern eine bestimmte Klientel ansprechen will, führt das zu einer Zerreißprobe", sagt er in Bezug auf Sahra Wagenknechts letzte Äußerungen im Bundestag.
Quelle: Gruner+Jahr, STERN (ots)