Grünen-Politiker Palmer will Abgasnormen vorübergehend absenken
Archivmeldung vom 26.04.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAls Konsequenz aus der Dieselaffäre um alarmierend hohe Abgaswerte schlägt Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) eine vorübergehende Absenkung der Abgasnormen vor und zugleich eine Verringerung der Motorleistung von Dieselfahrzeugen.
"Ich halte eine Pakt zwischen Politik und Industrie für den sauberen Diesel für existenziell wichtig", sagte Palmer der "Welt". "Wir wissen jetzt, dass die Industrie vorerst gar nicht in der Lage ist, saubere Autos zu bauen, die preiswert, maximal auf Leistung getrimmt und klimafreundlich sind." Mit Strafen allein komme man daher nicht weiter. "Wir müssen der Industrie etwas Zeit geben, um die selbst gemachten Probleme zu lösen", forderte Palmer. "Das kann auch ein vorübergehendes Entgegenkommen bei den Abgasnormen bedeuten, wenn die Industrie im Gegenzug alles tut, was sie sofort tun kann, um die Luft in den Städten sauberer zu machen."
Auch von Autobauern und Fahrern verlangt der Grünen-Politiker Zugeständnisse: "Nach Lage der Dinge heißt das, dass die Motoren von Millionen Autos in den Werkstätten so umprogrammiert werden müssen, dass sie fünf oder zehn PS weniger leisten", sagte Palmer. "Wirklich gebraucht wird diese Kraft sowieso nicht." Wo technische Nachrüstungen möglich seien, müssten diese verbindlich vorgenommen werden. "Wenn dies gemacht wird, sollte man die Industrie vom Strafzahlungen und Entschädigungen verschonen. Das Geld wird für die Entwicklung dringend benötigt."
Mit dieser Forderung stellt Palmer sich gegen die Linie der Grünen-Parteispitze, die sich dafür stark macht, dass betroffene deutsche Autobesitzer mit Sammelklagen nach US-Vorbild Entschädigungszahlungen von den Herstellern erstreiten können.
Palmer will die Diesel-Krise zum Wendepunkt machen: "Weder Kostengründe noch PS-Ambitionen dürfen für die nächste Autogeneration eine Ausrede sein, die Atemluft heimlich mit Stickoxiden zu verpesten", verlangte der Tübinger Oberbürgermeister. "Wenn die Konzernlenker den Ingenieuren endlich die richtigen Ziele geben, werden sie diese Aufgabe lösen. Es muss schnell gehen. Sonst geht uns im doppelten Sinne, wirtschaftlich und ökologisch, die Puste aus." Die Industrie in Deutschland habe ihr Schicksal an den Diesel gekoppelt und sitze jetzt in der Falle: "Industrie und Politik brauchen jetzt eine Selbstreinigung. Der clean Diesel muss jetzt Wirklichkeit werden", forderte Palmer. "Wenn das nicht gelingt, kann die Dieselabhängigkeit unserer Industrie das ganze Land in eine Krise stürzen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur