Sputnik hakt nach: „Manche Corona-Regeln im Alltag nicht umsetzbar“ kritisiert Haseloff Merkel
Archivmeldung vom 19.11.2020
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Freigeschaltet durch Anja SchmittNach dem Treffen zwischen Bund und Ländern äußert sich Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) gewohnt kritisch gegenüber Berlin und Kanzlerin Angela Merkel. „Wir können nicht umsetzen, dass Kinder nur noch einen Freund treffen dürfen.“ Sputnik fragt daraufhin bei der Staatskanzlei Magdeburg nach.
Weiter heißt es hierzu auf deren deutschen Webseite: "Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt und amtierende Präsident des Bundesrates, Reiner Haseloff (CDU), „zieht“ gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „vom Leder.“ Das berichtete am Donnerstag die Magdeburger Zeitung „Volksstimme“.
Der Grund: Der ostdeutsche Regierungschef kritisiert weitere Verschärfungen im Zuge der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie. Vor allem aber moniert er Art und Weise der Kommunikation Berlins nach dem Online-Treffen zwischen Bund und Ländern am vergangenen Montag.
„Wenn Sie fünf Enkel haben, wissen Sie: Das funktioniert nicht“
Haseloff sagte demnach am Mittwoch, er trage folgende Regel nicht mit:
„Ich habe fünf Enkel und weiß, dass das nicht funktioniert. Das ist eine Formulierung, die der Lebenswirklichkeit nicht entspricht, darum haben wir sie nicht akzeptiert. Im realen Leben ist das nicht umsetzbar.“
Nachgehakt in Magdeburg
Sputniknews Deutschland wollte daraufhin mehr erfahren und fragte bei der Pressestelle der Magdeburger Staatskanzlei nach, wie diese Aussagen einzuordnen seien.
Demnach wurden bei der Videokonferenz zwischen Bundesregierung und Länderchefs „am 16. November keine bindenden Beschlüsse gefasst“, teilte gegenüber der Redaktion am Donnerstagmittag eine Sprecherin des Presse- und Informationsamtes der Staatskanzlei des Landes in Magdeburg mit. „Ich darf darauf hinweisen, dass Beschlüsse für Sachsen-Anhalt nur im Kabinett von Sachsen-Anhalt getroffen werden. Das wird frühestens in der nächsten Woche geschehen.“
Die Frage, ob die Landesregierung unter Ministerpräsident Haseloff die von ihm formulierten Bedenken am 25. November beim nächsten „Lockdown“-Treffen zwischen Bund und Ländern einbringen wird, wurde ebenfalls mit vorliegender Antwort bedacht.
„Gewisse Konfrontation“
Die bereits zitierte Zeitung in Magdeburg schreibt weiter, in „der Corona-Pandemie sollen sich Kinder für einen Freund entscheiden, mit dem sie gemeinsam etwas unternehmen. Das wollte Bundeskanzlerin Merkel (...) zur Pflicht machen. Doch die Länderchefs bremsten sie am Montag aus.“
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident fand am Dienstag in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ deutliche Worte zur aktuellen Situation, die sich für ihn nach der letzten Beratung zwischen Bundesregierung und Ländern ergeben habe:
„Wir haben uns letztendlich für einen ‚Lockdown Light‘ vor 14 Tagen entschieden“, sagte der Magdeburger Regierungschef. Es sei von vornherein festgelegt gewesen, dass nach diesem Zeitraum der zweite Shutdown erneut durch Bund und Ländern überprüft werden sollte. Doch das aktuelle Vorpreschen Berlins störe ihn. „Mich hat nur eins genervt, dass das Papier des Bundeskanzleramtes zu spät gekommen ist. Da lag ich schon im Bett und habe geschlafen, kurz vor Mitternacht (vergangene Sonntagnacht, Anm. d. Red.).“
Direkt im Anschluss kommentierte in der Talksendung die Journalistin und Chefredakteurin der Tageszeitung „Die Welt“, Dagmar Rosenfeld, die Corona-Pandemie habe viele routinierte Politik-Abläufe umgemodelt. „Normalerweise ist es bei der Ministerpräsidenten-Konferenz eigentlich genau anders herum“, sagte sie.
„Die Regel vor Corona war: Die Ministerpräsidenten (wie Haseloff, Anm. d. Red.) erarbeiten eine Vorlage, die ans Kanzleramt geht.“ In der Pandemie habe sich dieser Ablauf „umgedreht. Das Kanzleramt hat eine Beschlussvorlage für dieses Treffen erarbeitet. Und die (vorherige, Anm. d. Red.) Prämisse dieses Treffens war: Wir ziehen einmal Zwischenbilanz.“
Bereits im Vorfeld haben sich einige Ministerpräsidenten kritisch geäußert. Darunter Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) oder die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Die Journalistin in der TV-Sendung berichtet weiter, es habe zunächst geheißen: „Es wird dort nichts beschlossen werden: Weder Lockerungen noch Verschärfung. Und dann kommt kurz vor Mitternacht dieses Papier ...“
Haseloff räumte darüber hinaus ein, dass bei der Bund-Länder-Videoschalte eine „gewisse Konfrontation“ entstanden sei. Plötzlich standen neue Bestimmungen zum Schutz gegen das Coronavirus Sars-Cov-2 in der Beschlussvorlage des Kanzleramtes. „Zum Beispiel das Tragen von Masken auch in Grundschulen, nur jeweils ein fester Spielpartner für Kinder oder die Selbstquarantäne bei Erkältungssymptomen wie Schnupfen und Husten“, so der Bericht der Tageszeitung „Volksstimme“ weiter.
„Freundliche Formulierung zu dem Vorgang“
Der Landeschef „kritisierte im ZDF die Kommunikation zwischen Kanzleramt und Landesregierungen“.
„Ein Papier, das so weit von den Vorabsprachen abgewichen ist“, sei „bisher noch nicht aus dem Kanzleramt losgeschickt worden.“ Sachsen-Anhalts Ministerpräsident fügte hinzu: „Das ist die freundliche Formulierung zu dem ganzen Vorgang.“
Laut Regierungsangaben und Medien treffen sich Kanzlerin Merkel und die Länderchefs erneut am 25. November zu Beratungen bezüglich der aktuellen Lockdown-Situation in Deutschland. "
Quelle: Sputnik (Deutschland)