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Sigmar Gabriel: Es gibt ein demokratisches Recht darauf, deutschnational zu sein

Archivmeldung vom 04.02.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.02.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Sigmar Gabriel (2013)
Sigmar Gabriel (2013)

Foto: Moritz Kosinsky
Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Vizekanzler Sigmar Gabriel hat eindringlich davor gewarnt, nach dem Ende der Pegida-Bewegung einfach zur Tagesordnung zurückzukehren. "Wir sollten nicht glauben, bloß weil der Spuk auf den Straßen abnimmt, hätten sich die Probleme von selbst erledigt. Die Menschen denken ja nicht plötzlich anders", sagt der SPD-Vorsitzende in einem Interview mit dem Magazin stern.

"Ihr Treibstoff ist immer noch da: Wut, Angst, Verunsicherung, mitunter auch Ausländerhass." Außerdem eine alle, die in Dresden auf die Straße gegangen seien, "ein Gefühl: Die Politik nimmt ihre Alltagssorgen nicht wahr", so Gabriel weiter. "Die soziale Polarisierung in unserem Land lässt Menschen manchmal hilflos zurück." Berliner Politikern und Journalisten warf der SPD-Politiker in diesem Zusammenhang vor, sie hätten "manchmal ein leicht gestörtes Verhältnis zur Realität in Deutschland". Die Welt, in der sie sich bewegten, sei "nicht die Welt, die die meisten Menschen erleben".

Auf die Frage, ob Pegida zu Deutschland gehöre, antwortete Gabriel dem stern: "Ganz offensichtlich. Egal ob es einem gefällt oder nicht: Es gibt ein demokratisches Recht darauf, rechts zu sein oder deutschnational. Sogar ein Recht, Dummheiten zu verbreiten wie die angebliche Islamisierung Deutschlands." Es sei etwas dran an der These, "dass die Verweigerung des Gesprächs, das kollektive Draufhauen die Proteste erst angestachelt und größer gemacht haben", so der SPD-Politiker. Gabriel berief sich dabei auch auf den Bundespräsidenten. Der habe ihm gesagt: "Wir dürfen nicht so tun, als hätten wir Weimarer Verhältnisse. Zu viel Aufmerksamkeit vermittelt einen falschen Eindruck von der Stabilität des Landes." Gabriel: "Da hat Joachim Gauck recht. Wir waren nicht in Weimar, und wir kommen auch nicht nach Weimar." Gerade die "ungeheure Zahl von Menschen, die sich in Windeseile Pegida entgegengestellt" hätten, zeige doch: "Wir haben eine erwachsene Demokratie."

Vehement verteidigte der Vizekanzler seinen kritisierten Besuch einer Diskussionsveranstaltung in Dresden, an der Pegida-Anhänger teilgenommen hatten. "Da waren ganz normale Dresdner mit ihren Alltagssorgen. Sollen wir die den rechtsradikalen und rechtspopulistischen Hintermännern von Pegida überlassen?", sagte Gabriel dem stern. "Wir müssen raus ins Leben, dahin, wo es brodelt" - für diesen Satz aus seiner Bewerbungsrede für den Parteivorsitz habe er 2009 "am meisten Beifall bekommen. Gerade für diesen Satz bin ich als SPD-Vorsitzender gewählt worden", so Gabriel weiter. "Aber wenn ich das dann mache, bekomme ich Ärger - auch mit manchen von denen, die damals geklatscht haben."

Der neuen griechischen Regierung aus Linken und extremer Rechten hielt der SPD-Chef vor, so zu tun, "als wäre ihr Land ein Opfer der EU-Kommission und der Troika. Das ist falsch. Griechenland ist ein Opfer seiner politischen und wirtschaftlichen Eliten. Die haben das Land ausgeplündert." Natürlich dürfe eine neu gewählte Regierung ihren Kurs selbst bestimmen, so Gabriel zum stern. "Aber eines darf die griechische Regierung nicht: die finanziellen Folgen ihrer Politik bei den Bürgern in den anderen Staaten Europas abladen. Deshalb wird es auch keinen Schuldenschnitt geben." Allerdings äußerte der Vizekanzler auch Verständnis für das Wahlverhalten der Griechen und deren Flucht in "vermeintlich einfache Antworten". Gabriel wörtlich: "Unser Angebot für Griechenland war viel zu lange nur: Spart! Immer nur die kleinen Leute schurigeln und ihnen Renten und Löhne kürzen hat noch nie ein Land aus der Krise geführt."

Quelle: Gruner+Jahr, stern (ots)

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