Vorsitzender der Innenministerkonferenz will Pegida beobachten lassen
Archivmeldung vom 21.10.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer amtierende Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz (SPD), hat eine Beobachtung von "Pegida" durch den Verfassungsschutz gefordert.
"Wer gesehen hat, dass [in Dresden] Galgen für Frau Merkel und Herrn Gabriel mitgeführt wurden und wer die Hetzreden über Konzentrationslager und andere Dinge gehört hat, der kann keinen Zweifel daran haben, dass das ganz eindeutig eine verfassungsfeindliche Gesinnung ist", sagte Lewentz im Interview mit FAZ.NET.
Der rheinland-pfälzische Innenminister sagte weiter, er sehe derzeit kaum Chancen für ein Verbot von Pegida. Gleichzeitig äußerte er die Einschätzung, dass "rechtsextreme Kreise" versuchten, die Stimmung aus Dresden aufzugreifen und zu instrumentalisieren. "Ich befürchte, Parolen wie in Dresden werden wir in den nächsten Tagen an vielen Stellen in Deutschland hören", so Lewentz.
Lewentz hofft durch die aktuelle Situation auf neues Material für das NPD-Verbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. "Ich halte es für durchaus vorstellbar, dass wir [den Richtern] aus der aktuellen Situation heraus neue Erkenntnisse vorlegen können, die im Verfahren eine Rolle spielen könnten", so Lewentz. "Auch an den Richtern des Bundesverfassungsgerichts wird nicht vorbeigehen, was derzeit in der Republik geschieht."
Polizeigewerkschaften für AfD-Beobachtung durch Verfassungsschutz
Mehrere Polizeigewerkschaften sehen in der Alternative für Deutschland (AfD) einen Fall für den Verfassungsschutz. Hintergrund sind aktuelle Äußerungen des Vorsitzenden der AfD-Landtagsfraktion in Thüringen, Björn Höcke. "Spätestens mit dem Auftritt Höckes bei Jauch am vergangenen Sonntag wurde klar, dass die AfD ihre Chance wittert, den Spagat zwischen ihrer bisherigen Wutbürgerklientel und den seit Jahren von der NPD enttäuschten, rechten Wählergruppen zu vollenden und sich zum neuen Sprachrohr der Rechten in Deutschland zu machen", sagte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) im Bundeskriminalamt (BKA), Andy Neumann, dem "Handelsblatt".
"Die Tatsache, dass sie noch immer weitgehend unterhalb der Schwelle nachweisbarer Verfassungsfeindlichkeit bewegt, macht sie dabei besonders gefährlich." Insofern befürworte der BDK die Forderung nach einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz. "Inwieweit dazu die entsprechenden Richtlinien und Gesetzesgrundlagen zu ändern wären, muss geprüft werden. Aber mit dem nötigen politischen Willen sollte das unkritisch sein", sagte Neumann. "In einem Land, in dem die überwältigende Mehrheit der Menschen Auftritte wie den von Herrn Höcke am Sonntagabend oder Hetzreden wie in Dresden am Montagabend unerträglich findet, muss es möglich sein, die Schwelle dessen, was für konsequentes Einschreiten notwendig ist, notfalls auch herabzusetzen."
Offen für eine AfD-Beobachtung zeigten sich auch der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, und der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. "Wir gehen davon aus, dass die Sicherheitsbehörden angesichts der jüngsten Äußerungen von AfD-Mitgliedern entsprechend aktiv sind", sagte Radek dem "Handelsblatt".
Wendt hält den Ruf nach dem Verfassungsschutz angesichts der, wie er dem "Handelsblatt" sagte, "zum Teil unerträglichen Bilder, die aus Pegida-Versammlungen und anderen Aufzügen heraus öffentlich verbreitet werden, nur allzu verständlich". Bereits nach geltender Rechtslage müssten die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet seien, sammeln und auswerten. "Diesem gesetzlichen Auftrag kommen die Verfassungsschutzbehörden schon heute nach, und die Sicherheitsbehörden tun alles, um unsere freiheitlich demokratische Grundordnung zu schützen und zu wahren", so Wendt.
Quelle: dts Nachrichtenagentur