Greenpeace konfrontiert IAEO mit Folgen von Tschernobyl
Archivmeldung vom 24.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAus Protest gegen den Umgang der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) mit den Folgen des Atomunfalls von Tschernobyl haben heute früh rund 30 Greenpeace-Aktivisten zwei radioaktive Bodenproben aus der Umgebung des Unglücksreaktors zum Hauptsitz der Behörde in Wien gebracht.
Sie
hissten ein Transparent mit der Aufschrift "IAEO: 90.000 Strahlentote
sind genug. Atomausstieg jetzt". Die Proben stammen aus einem
öffentlich zugänglichen Waldstück sowie dem Dorf Bober rund 50 km von
Tschernobyl entfernt. Um jegliche Gefährdung während des Transports
und bei der Übergabe an die IAEO auszuschließen, werden die Proben
durch einen 200 Kilo schweren Betoncontainer mit Bleiummantelung
geschützt.
"Die IAEO darf nicht länger die Unfallfolgen von Tschernobyl
verharmlosen", fordert Heinz Smital, Atomexperte von Greenpeace
Deutschland. "Die IAEO geht von viel zu wenigen Opfern der
Katastrophe aus. Zudem hat sie mehrfach empfohlen, wieder Menschen in
den hochbelasteten Gebieten außerhalb der 30 Kilometer-Sperrzone
anzusiedeln." Während die IAEO von 4000 Krebstoten als Folge des
Super-GAUs spricht, führt ein vergangene Woche veröffentlichter
Greenpeace-Bericht rund 90.000 zu erwartende Tote auf die
Reaktorkatastrophe zurück.
Die Umweltschützer fordern, auf diese Ansiedlung zu verzichten und
die Opferzahlen zu berichtigen. "Die IAEO muss sich der Verantwortung
stellen, die sich aus der Katastrophe von Tschernobyl ergibt", so
Smital. Zusammen mit den hochradioaktiven Bodenproben wollen die
Umweltschützer IAEO-Chef Mohammed el-Baradei einen Brief mit den
Forderungen übergeben.
Die weit außerhalb der Tschernobyl-Sperrzone mit Schutzausrüstung
genommenen Proben wurden vor Ort in einem ukrainischen Labor
untersucht. Die Messergebnisse sind so hoch, dass die Erde nach
EU-Richtlinie 96/29 als radioaktiver Abfall betrachtet werden muss.
Die Strahlen-Grenzwerte werden um das 10-25fache überschritten.
"Was für uns hier hochgefährlicher Atommüll ist, ist in der
Ukraine der Boden, auf dem die Menschen wieder leben sollen", so Jan
Vande Putte, Atom-Experte von Greenpeace International. "Unsere
Bodenproben zeigen, dass eine Rücksiedelung für die Anwohner mit
ernsthaften gesundheitlichen Gefahren verbunden sein könnte."
Greenpeace fordert die Mitgliedsländer der IAEO auf, bei der
nächsten Generalversammlung die Ausrichtung der Organisation
grundsätzlich zu ändern. Artikel 2, in dem die Förderung der
Atomkraft festgeschrieben ist, muss entfernt werden. Dieser Artikel
steht in direktem Widerspruch zur Kontrollfunktion der IAEO.
"Weltweit müssen die Atomkraftwerke abgeschaltet werden, um weitere
Unfälle wie den in Tschernobyl zu verhindern", erklärt Smital. "Die
IAEO muss diesen Atomausstieg überwachen."
Quelle: Pressemitteilung Greenpeace e.V.