Zahl der meldepflichtigen Ereignisse in AKW auf höchstem Stand seit 2011
Archivmeldung vom 28.12.2018
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn deutschen Atomanlagen kam es im Jahr 2018 zu 79 meldepflichtigen Ereignissen. Eine höhere Zahl gab es zuletzt 2011. An der Spitze stand mit zehn Meldungen das AKW Brokdorf in Schleswig-Holstein, gefolgt von Grohnde (Niedersachen) und Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) mit jeweils acht, Philippsburg-2 (BaWü) mit sieben und den Reaktoren Emsland (Niedersachsen) und Isar-2 (Bayern) mit jeweils sechs. Doch auch in allen anderen Atomkraftwerken kam es zu entsprechenden Ereignissen.
Häufige Ursache ist menschliches Versagen. Immer wieder sind
Notkühlsysteme betroffen, die bei einem schweren Störfall die
Kernschmelze verhindern sollen. Teilweise kommt es auch zu
Serienfehlern, wenn mehrere gleiche Bauteile betroffen sind, die
eigentlich dazu da sind, sich gegenseitig bei Störungen zu ersetzen.
Ursache sind häufig altersbedingte Mängel. Teilweise finden Reparaturen
oder Ursachenklärung erst Monate später statt, damit der Reaktor nicht
extra heruntergefahren werden muss. Manchmal ist es einfach nur Glück,
dass ein defektes Bauteil erkannt wird, bevor es zu einem radioaktiven
Leck kommt. Doch nicht immer kann der Austritt radioaktiver Stoffe
verhindert werden.
Dazu erklärt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation
.ausgestrahlt: „Auch 2018 war Deutschland wieder zweitgrößter
Atomstrom-Produzent in der EU. Entsprechend groß sind auch weiterhin die
Risiken. Nur weil der Ausstieg für 2022 beschlossen ist, bedeutet dies
nicht, dass Atomkraftwerke weniger gefährlich werden. Ganz im Gegenteil:
je älter die Anlagen werden, um so anfälliger wird die Technik. Deshalb
fordern wir, die sieben noch laufenden AKW bereits jetzt abzuschalten
und nicht darauf zu warten, bis ein unkontrollierbarer Störfall auftritt.“
Zwar gibt es auch nach dem Abschalten noch Gefahren, wenn etwa die
Ereignisse in Brunsbüttel und anderen Anlagen zeigen, doch insgesamt ist
das Risiko dann geringer.
Einige konkrete Beispiele:
Brokdorf: Nur zwei Tage nach Neustart nach Revision muss Reaktor wieder
vom Netz wg. defekter Dichtung im sekundären Kühlkreislauf
Gundremmingen: Reaktorbehälter wegen defekter Tür nicht dicht, Luft
entwichen
Philippsburg: radioaktives Leck nach menschlichem Versagen
Brunsbüttel: Halterungen durch falsche Dübelverbindungen – seit 2007
bekannt, Untersuchungen immer noch nicht abgeschlossen, neue Befunde
Gundremmingen: Stromausfall nach Blitzeinschlag
Neckarwestheim: Radioaktives Leck nach menschlichem Versagen
Brunsbüttel: Bauteil zum zweiten Mal „unerwartet schnell verschlissen“,
Radioaktivität ausgetreten
Emsland: Mängel nach erfolgten Arbeiten, undichte Türen
Neckarwestheim: Dampferzeuger-Hüllrohrwandschwächungen
Gundremmingen: wieder defekte Brennelemente gefunden.
Jülich: Aufgrund eines gehäuften, sich wiederholenden Ansprechens einer
Störmeldung, die für den aktuellen Betriebszustand als nicht relevant
bewertet wurde, die aber die übrige Überwachung der Anlage erheblich
gestört hatte, wurde entschieden, die Meldung temporär zu unterdrücken.
Zu diesem Zweck wurde eine entsprechende Kabelverbindung getrennt.
Isar: Falsches Brennelement in Castor verladen
Neckarwestheim,
Brunsbüttel, Biblis: Brandschutzklappen / Brandschutz
betroffen
Brunsbüttel: Wegen Umbauten wurde die Leitung zur Feuerwehr-Leitstelle in Elmshorn außer Betrieb genommen und nachfolgend nicht wieder aktiviert.
Quelle: .ausgestrahlt