WWF entlarft Mythen der Energiewende
Archivmeldung vom 24.09.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAngesichts der aktuellen Diskussion um die Zukunft der Energieversorgung überprüft der WWF auf Basis von Zahlen, Daten und Fakten die bekanntesten Energiewende-Mythen. „Es ist an der Zeit mit den Gruselgeschichten aufzuräumen, die die Gegner der Energiewende in immer neuen Varianten streuen, um deren Erfolg zu sabotieren. Wir zeigen, dass die Mär eines deindustrialisierten, von Stromausfällen geplagten Landes, dessen Bürger in Energiearmut leben werden, weil die Energieversorgung von Kohle und Atom auf erneuerbaren Energien umgestellt wird, mit der Realität nichts zu tun hat“, sagte Eberhard Brandes, Vorstand der Umweltschutzorganisation WWF.
1. Richtig ist, dass die Stromkosten in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen sind, von 15 ct auf 25 ct. Doch seit dem Startpunkt des EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) im Jahr 2000 geht nur ein Drittel, nämlich ca. 3,6 ct der Kostensteigerung auf die Förderung der erneuerbaren Energien zurück. Die Kosten konventioneller Stromerzeugung, Vertrieb und Margen sowie Beschaffung erhöhten sich kräftig. Die Energieversorger gaben sinkende Großhandelspreise nicht an die Endkunden weiter.
2. Würde heute die Förderung der erneuerbaren Energien eingestellt, würden die Strompreise trotzdem weiter steigen. Denn es müsste dann in neue fossile Kraftwerke investiert und in jedem Fall der Ausbau sowie die Modernisierung des Stromnetzes vorangetrieben werden. Dabei haben sich in den vergangenen Jahren die Kosten für Kohle und Gas so wie die Material- und Baustoffkosten für konventionelle Kraftwerke deutlich erhöht. Die spezifischen Kosten für Strom aus Sonne und Wind sinken aber kontinuierlich. Die unterschiedlichen Szenarien zeigen, dass sich unabhängig von den gewählten Technologieschwerpunkten zur Erzeugung von Strom die Preise bis 2030 in etwa auf dem gleichen Niveau einpendeln werden.
3. Zurzeit werden die privaten Verbraucher und die Kleinindustrie über Gebühr zur Kasse gebeten. Die energieintensive Industrie wurde durch übergroße Privilegien zum großen Gewinner der Energiewende: Die privilegierten Unternehmen sind für 18 Prozent des Stromverbrauchs verantwortlich, müssen aber nur 0,3 Prozent der EEG Umlage zahlen, das heißt von insgesamt 13,5 Mrd EUR nur 37 Mio. EUR. Darüber hinaus profitieren sie vom preissenkenden Effekt der Erneuerbaren an der Börse. Ohne diese beiden Sondereffekte wäre die EEG-Umlage um weit über einen Cent, d.h. mehr als ein Drittel niedriger.
4. Zu der vielzitierten Energiearmut wird es auch in Zukunft nicht kommen. Ein vierköpfiger Durchschnittshaushalt muss derzeit nur 2,5 Prozent seines Budgets für Strom und davon ‑ selbst mit der kalkulierten Steigerung der EEG-Umlage auf mehr als 5 ct/kWh ‑ 15 € monatlich für die Förderung der Erneuerbaren zahlen. Dies entspricht in etwa zwei Kinokarten. Diese Kosten können durch den Wechsel des Stromtarifs- oder Stromanbieters deutlich gesenkt werden. Fast jeder zweite deutsche private Stromkunde hat noch nicht gewechselt. Darüber hinaus kann noch viel Strom eingespart werden. Das gilt sogar für industrieintensive Industrieunternehmen, die bis 2020 zwischen 8 und 16 Prozent ihres Stromverbrauchs einsparen können.
„Die weitere Förderung der erneuerbaren Energien muss deren dynamischen und effizienten Ausbau garantieren. Ein ineffizientes Quotensystem, das in Großbritannien ab 2017 wegen Erfolglosigkeit abgeschafft wird, führt auch in Deutschland in die Sackgasse. Es würde einen Run auf die aktuell günstigsten Technologie ‑ Onshore-Wind ‑ auslösen und dies auch nur in den windstärksten Regionen. Statt technologischer und regionaler Verbreiterung führt das Quotenmodell zu einer Verengung, die für das Gesamtprojekt Energiewende keine Perspektive bietet. Probleme würden nicht gelöst, sondern verschärft. Wir müssen das EEG aber so modernisieren, dass die erneuerbaren Energien mittel- und langfristig zum Leitsystem der Energieversorgung werden können“, sagt Regine Günther, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik der Umweltstiftung WWF.
Quelle: WWF