,,Verlassen Sie diese Erde so, wie Sie sie vorzufinden wünschen"
Archivmeldung vom 29.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittOhne Phosphor (P) geht gar nichts: alle Lebewesen benötigen ihn zumindest als Baustein von Erbsubstanz (DNS) und Energieträgern (ADP/ATP), Wirbeltiere und Menschen für ihre Skelettsubstanz. Etwa 700 Gramm P enthält ein erwachsener Mensch. Gleichzeitig ist P aber auch die erste nicht erneuerbare natürliche Ressource, die in einem überschaubaren Zeitraum (50-100 Jahre) knapp werden wird.
Umgang mit P zeigt sich exemplarisch, wie ernst wir es mit dem Gedanken
nachhaltiger Entwicklung nehmen, denn "nachhaltige Entwicklung ist eine
Entwicklung, die Bedürfnisse der jetzigen Generationen deckt, ohne die
Möglichkeiten zukünftiger Generationen, ihre eigenen Bedürfnisse zu decken, zu
beschränken". Diese Aspekte behandelte am 7. April 2006 das Institut für
Pflanzenernährung und Bodenkunde der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft
(FAL) in Braunschweig in der Veranstaltung "Phosphor - Gedanken zur
Nachhaltigkeit" und leistete damit einen Beitrag zur 2005 von den Vereinten
Nationen (UNESCO) proklamierten Dekade der Nachhaltigkeit.
Landwirtschaft
ist der bei weitem größte Verbraucher an P und gleichzeitig die größte
Verlustquelle für P. (Dispersion in der Umwelt, unnötige Anreicherung in Böden,
Bindung in nicht verwerteten tierischen Produkten). Unbeachtet der absehbaren
Verknappung der Ressource gehen wir jedoch immer noch damit um, wie die
sprichwörtliche "Sau mit dem Bettelsack". Der norwegische Wissenschaftler Nils
Vagstad (BIOFORSK, Aas) demonstrierte dies sehr anschaulich am Beispiel der
36.000 Tonnen P, die jährlich aus der Landwirtschaft in die Ostsee eingetragen
werden: Folge hiervon ist u.a. das ungehemmte Wachstum von giftigen Blaualgen.
Die Akkumulation pflanzenaufnehmbarer P-Formen in landwirtschaftlichen Böden sei
daher unbedingt auf Konzentrationen von 130 mg/kg P (nach den in Deutschland
gebräuchlichen Laktat-Methoden) bzw. 200 mg/kg (nach der internationalen
Mehlich-3 Methode) zu begrenzen. Prof. Brunner (TU Wien) zeigte an Hand von
Material-Fluss-Analysen, dass für eine weitgehende Schließung
gesamtgesellschaftlicher P-Kreisläufe in erster Linie Optimierungsarbeit in der
landwirtschaftlichen Produktion zu leisten ist. Was den Teil Pflanzenproduktion
anbelangt, ist der Schlüssel hierfür nach Prof. Schnug (FAL) eine strikt auf den
Pflanzenentzug limitierte P-Düngung ausreichend versorgter und biologisch
intakter Böden. Dabei sind ausschließlich wasser- oder zumindest zitratlösliche
P-Formen in Mineraldüngern akzeptabel; P aus organischen Quellen ist als
gleichwertig mit Mineraldüngern anzusetzen.
Wenngleich durch Einhaltung
dieser Randbedingungen die langfristige Effizienz des P- Einsatzes in der
Pflanzenproduktion von 100% möglich ist, bleiben erhebliche Defizite bei der
Nutzung von P in der Tierproduktion. Dr. Hillebrand (BASF Plant Science,
Ludwigshafen) stellte hierzu Entwicklungsoptionen unter Einschließung neuer
Technologien vor. Begrenzender Faktor der P-Ausnutzung im Tier ist der Gehalt
des Futters an Phytat, einer pflanzlichen und im Tier schwer verdaulichen
Speicherform von P. Als Lösungsansätze werden hier unter anderem die Produktion
rekombinanter Phytasen als Futterzusätze und transgene Pflanzen mit geringeren
Phytatgehalten diskutiert. Aus den USA werden bereits Steigerungen der
Ausnutzung des P in transgenem Mais auf 96% im Vergleich zu 30% bei
herkömmlichen Sorten berichtet.
PD Dr. Rahmann (FAL) machte sehr deutlich
klar, dass im ökologischen Landbau transgene Organismen und deren Produkte als
Lösungsoptionen für eine Verbesserung der P-Ausnutzung abgelehnt werden.
Stattdessen setzt man hier auf die Schließung der P-Kreisläufe durch Optimierung
innerbetrieblicher Maßnahmen. Dieses Ziel ist im Ökolandbau durchaus
realisierbar, solange auf einem Betrieb gleichzeitig Pflanzen- und
Tierproduktion stattfinden. Dr. Prinz zu Löwenstein (BÖLW Berlin) zeigte aber
auch, dass sich viehlose Öko-Betriebe schnell auf einer Gratwanderung mit der
Tendenz zur Erschöpfung der P-Bodenvorräte finden. Forschungsbedarf besteht hier
insbesondere hinsichtlich der Beschränkungen des Ökolandbaus auf schwerlösliches
Mineraldünger-P, deren Bedeutung für die langfristige P-Ausnutzung und die
Bodenfruchtbarkeit.
Die nachhaltige Nutzung von P-Ressourcen erfordert
zwingend die konsequente Rückführung von P aus Reststoffen in die
Landwirtschaft. Damit verbunden ist jedoch das Problem einer Befrachtung der
Böden mit Schwermetallen und organischen Schadstoffen. Der von Dr. Adam (BAM
Berlin) koordinierte internationale Forschungsverbund SUSAN (Sustainable and
Safe Re-use of Municipal Sewage Sludge for Nutrient Recovery) entwickelt hierzu
ein thermochemisches Verfahren zur Aufarbeitung von Klärschlämmen, bei dem
organische Schadstoffe bei 850-1000° C vollständig zerstört und Schwermetalle
als flüchtige Chloride abgetrennt werden. Die FAL beteiligt sich an diesem
Vorhaben mit Untersuchungen zur Bewertung und Verbesserung der landbaulichen
Eignung der entstehenden Produkte.
In der Diskussion von Rednern und
Auditorium mit dem Rechtswissenschaftler Prof. Ekardt (Uni-Bremen) wurde
abschließend noch einmal sehr deutlich, dass ohne ein neues, in das Prinzip
Nachhaltigkeit eingebundenes Bewusstsein, welches auch Aspekte der
Generationengerechtigkeit und Gerechtigkeit zwischen den Völkern dieser Erde
einbezieht, globaler Streit um die endliche Ressource P vorhersehbar ist.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.