NABU testet Selbstentsorgerlösungen für Verpackungen
Archivmeldung vom 11.04.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.04.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Jens BrehlDer Naturschutzbund NABU hat heute mit einem Brief an Bundes- und Länderministerien sowie an Abgeordnete des Bundestages auf alarmierende Fehlentwicklungen beim Verpackungsrecycling aufmerksam gemacht. In einer bundesweiten Testaktion hatte der NABU die Rücknahmeangebote in Drogeriemärkten und Versandhandel untersucht. "Die Ergebnisse sind alarmierend", sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
"Dem Verbraucher wird die Rückgabe von Verpackungen
bewusst erschwert und zum Teil sogar unmöglich gemacht." Unter dem
Motto "Drogerien wollen Verpackungen zurück - wir bringen sie hin"
hatten NABU-Gruppen bundesweit am 31. März 2006 leere
Produktverpackungen in Drogeriefilialen der Ketten Schlecker, dm und
Rossmann zurückgebracht.
Die Aktions-Ergebnisse bestätigen die Befürchtungen des NABU: "Die
Rücknahmesysteme der Selbstentsorger sind unzureichend," so der
Bundesgeschäftsführer. Die Verpackungen wurden nicht überall
zurückgenommen, die Sammelbehälter waren rasch überfüllt und die
Hinweise auf die Rückgabemöglichkeit fehlen in einigen Fällen
vollständig. Mit Begründungen wie "Wir sind nur dazu verpflichtet,
die Verpackungen direkt nach dem Verkauf entgegen zu nehmen" und "Ich
habe Anweisungen, dass ich nichts annehmen darf" mussten einige
NABU-Aktivisten ihre Verpackungen wieder mit nach Hause nehmen.
Andere Gruppen konnten ihre leeren Shampooflaschen zurückgeben,
ernteten in den Filialen aber Unverständnis: "Wir nehmen die
Verpackungen entgegen, aber es gibt kaum jemand seine Verpackungen
bei uns ab", hieß es. Nach Aussage einer Drogeriefiliale würden die
in der Drogerie zurückgegebenen Verpackungen dann dort über den
gelben Sack entsorgt.
Auch die Selbstentsorgersysteme für den Versandhandel wurden auf
den Prüfstand gestellt. Der Internethändler Amazon hat eine
Selbstentsorgerlösung gewählt. Beim Anruf im angegebenen Call-Center
wird der Verbraucher trotzdem als erstes auf die Möglichkeit einer
Entsorgung über die vorhandenen haushaltsnahen Rückgabebehälter
verwiesen. Diese Art der Entsorgung sei "die beste Lösung" und "gar
kein Problem". Wer nicht zu der bis zu 200 Kilometer entfernten
Rückgabestation fahren will, kann allerdings auch die Abholung
einzelner Verpackungen vereinbaren. Auch der Tiefkühllieferant
Eismann hat nach eigener Aussage für einen Teil der Produkte auf eine
Selbstentsorgerlösung gesetzt. Wer den versteckten Hinweis zur
Entsorgung der Verpackungen auf der letzten Seite des Warenkatalogs
findet, kann deshalb einen Müllsack zugeschickt bekommen. Die
Eismann-Verpackungen sollen in dem Müllsack dann vom Verbraucher zu
einer Rückgabestation gebracht werden. Beim NABU-Testkauf in Berlin
betrug die Entfernung zur nächsten Rückgabestation 10 Kilometer.
Der NABU bewertet die Selbstentsorgerlösungen für
Endverbraucherverpackungen sehr kritisch. "Der Otto-Normalverbraucher
blickt bei dem Entsorger-Dschungel nicht durch. Er wählt in der Regel
die für ihn einzig praktikable Lösung - er wirft seine Verpackungen
in die vorhandenen Wertstoff- oder Restmülltonnen. Damit zahlt er
eine doppelte Zeche, während die Unternehmen die Gewinnmargen
erhöhen", so Miller.
Die NABU-Aktion zeigte die fehlende Praktikabilität und Effizienz der Selbstentsorgerlösungen für den Endverbraucher auf. Selbstentsorger fordern die Verbraucher auf, Verpackungen in die Geschäfte oder zu Sammelstationen zurückzubringen. Hintergrund der Aktion sind Schlupflöcher der Verpackungsverordnung, die es Unternehmen aus Industrie und Handel ermöglichen, sich ihrer Verantwortung für eine umweltgerechte und verbraucherfreundliche Entsorgung von Verpackungen zu entziehen. Die Unternehmen sagen zu, dass sie die Verpackungen der von ihnen verkauften Produkte selbst zurücknehmen und verwerten. Im Gegenzug beteiligen sie sich nicht an den Kosten der haushaltsnahen Erfassungssysteme (gelbe, blaue, graue Tonne). "Die Politik muss hier dringend handeln und diese Schlupflöcher der Verpackungsverordnung schließen", forderte Miller.
Quelle: Pressemitteilung NABU